Schwarz, deutscherer, deutschestere

Ezé, Heute HIER morgen DEUTSCH! (Trikont); mit Texten

16. August 2022

Lesezeit: 2 Minute(n)

Wo dieses Jahr so viel von Hannes Wader die Rede ist, hier kommt eine ganz eigene Version von „Heute hier, morgen dort“ – lebendig, rhythmisch, körperlich und verknüpft mit einer umfassenden afrikanischen Weltsicht. Ezé Wendtoin, der 1991 in Ouagadougou, der Hauptstadt Burkina Fasos geboren wurde, hat in Dresden Germanistik studiert und lebt auch dort. Musik machen und sich politisch engagieren, gehören bei ihm zusammen, und da er inzwischen in mehreren Sprachen und Kulturen zu Hause ist, ist sein Schaffen auch bunt gemischt. Lieder auf Deutsch, Französisch und Mooré, einer Sprache in Burkina Faso, und bekannte deutsche Gedichte wechseln sich ab. Deutsch sein, fremd sein, Mensch sein, Menschenrechte, aber auch seine Wurzeln, um diese Themen kreisen seine Lieder. Die deutschen Lieder spielen mit Sprachwitz und balancieren gekonnt zwischen Alltag, Kritik an Vorurteilen und Albernheit, beschreiben das Freiheitsgefühl, wenn man mit dem Fahrrad durch die Stadt düst, oder die fröstelnde Kälte im Winter an der Bushaltestelle. Der „Ratzfatzlatzspatz“ ist ein Reimdichoderichfressdich. Der Wechsel von Afrika nach Deutschland hat eben sicher auch seine witzigen Aspekte, und Selbstbewusstsein und Humor zeichnen ihn aus. Poetischer sind die Lieder, die er in seiner Muttersprache oder auch in Französisch singt, wie zum Beispiel die Hommage an Mutter und Vater. Das Booklet übersetzt diese Texte. So wild dieser Mix bei ihm ist, so vielfältig sind auch die musikalischen Mittel, die er einsetzt. Hip-Hop, Chanson, afrikanische Klänge, Rhythmen und Instrumente verschmelzen in seinen Liedern. Diese Musik geht direkt in den Körper, regt zum Tanzen an, stößt einen anderen Ton als bei den Liedermachern und -macherinnen hierzulande üblich. Live, mit seiner Performance auf der Bühne, ist dieser Effekt noch stärker. Mit Brechts „Marie A.“ und Schillers „Der Handschuh“ gibt es als Kontrast auch zwei Kostproben aus der deutschen Hochkultur, die man ja ohne Germanistikhintergrund auch nicht jeden Tag hört. Eine fröhliche Entdeckung!

Rainer Katlewski

Foto oben: Michaela Marcovicova

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