Drei Labels – ein Macher

Nordic Notes, CPL-Music und Beste! Unterhaltung

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21. März 2023

Lesezeit: 5 Minute(n)

Ob Finnen, Balten, Bulgaren, Russen oder auch mal Franken – Christian Pliefke sorgt seit fünfzehn Jahren mit seinem Label Nordic Notes und seit zehn Jahren mit CPL-Music dafür, dass die Vielfalt insbesondere der nordischen und baltischen Länder auch anderswo Gehör finden. Mit seinem dritten Label Beste! Unterhaltung war das zehnte Jahr bereits 2019 voll. Künstler und Bands wie Eläkeläiset, Tautumeitas, Mari Kalkun, Svavar Knútur, Gankino Circus oder Matthias Egersdörfer finden in seinem Universum Platz.

Christian Pliefke aus der kleinen fränkischen Stadt Langenzenn in der Nähe von Nürnberg hat geschafft, wovon viele Träumen: das Hobby zum Beruf zu machen. Auf jeden Fall ist es für ihn mehr „Berufung“ als Arbeit. Oder wie Konfuzius zu sagen pflegte: „Wähle einen Beruf, den du liebst, und du brauchst keinen Tag in deinem Leben mehr zu arbeiten.“

Nach Arbeit sieht es dann aber doch aus, denn seit 2005 sind auf Nordic Notes über 130 Tonträger veröffentlicht worden, CPL-Music zählt mehr als 40 Katalognummern, und Beste! Unterhaltung blickt auf knapp 90 Veröffentlichungen zurück, die allesamt zumeist Lizenzierungen sind. Allein im Jahr 2019 waren es ganze 27.

Der Schwerpunkt bei Nordic Notes liegt auf Nordeuropa, bei CPL-Music auf den baltischen Ländern mit einem Augenaufschlag in Richtung Osteuropa in Staaten wie Bulgarien, Ungarn oder Russland. Auf Beste! Unterhaltung findet man Singer/Songwriter wie den Waliser Martyn Joseph oder Guðrið Hansdóttir von den Färöer Inseln sowie Fränkisches von Künstlern wie Boxgalopp, den RUTH-Preisträgern Gankino Circus aus dem benachbarten Dietenhofen oder den aus Funk und Fernsehen bekannten Tatort-Schauspieler und Kabarettisten Matthias Egersdörfer. Unter dem Heading „CPL-Booking“ ist Christian Pliefke zudem als Agent tätig, da er nicht immer für alle Künstlerinnen und Künstler Agenten oder Bookingagenturen findet. Und mit der Veröffentlichung der litauisch-burjatischen Band UDU ist er nun auch unter die Produzenten gegangen.

„Früher hatte man den Punkrock, um sich gegen was aufzulehnen, heute kann man die Folkmusik dazu hernehmen.“

1992 war der Start für ihn und seine Mission, ein Label zu betreiben. Zuvor hatte er im Jugendhaus Alte Post in Langenzenn Konzerte veranstaltet und war einmal im Monat beim alternativen Nürnberger Radiosender Radio Z auf Sendung gewesen, hatte somit also schon etwas Erfahrung sammeln dürfen, wie andere Bands und Plattenfirmen an die Sache herangingen. Mit dem Halbfinnen Martti Trillitzsch führte er die Labels TUG Records, Humppa Records und 9pm Records und war er bis 2007 zudem Inhaber von Kioski, des einzigen finnischen Plattenladens in Deutschland. Darüber hinaus riefen sie noch das DJ-Kollektiv SoundiKone ins Leben. Pfliefke hat also eine ganze Menge Aktivitäten aufzuweisen, die aber auch vonnöten sind und waren, um sichtbar zu werden und zu bleiben, wenn man sich in einer speziellen Nische niedergelassen hat.

Gerne erinnert er sich an den Moment zurück, als er mit Trillitzsch auf dem Weg zur Popkomm nach Köln im Auto das erste Album von Eläkeläiset hörte, das sie von einem befreundeten Label aus Finnland als Tape geschickt bekommen hatten. „Ich war mal ein Metalhead und fand es natürlich toll, dass sie auf ihre Polka-Art Songs coverten, die ich als Jugendlicher gehört hatte und immer noch höre, von Black Sabbath über Nirvana bis zu Iron Maiden oder Kiss.“ Später entdeckte er dann die große, experimentierfreudige Folkszene Finnlands. „Wenn man älter wird, erweitert sich der Musikgeschmack. Früher hatte man den Punkrock, um sich gegen was aufzulehnen, heute kann man die Folkmusik dazu hernehmen.“

Was Christian Pliefke an den nordischen und baltischen Ländern so gefällt? Dass deren Künstlerinnen und Künstler ihre Traditionen entstauben, sie in modernster Weise in ihre Musik einbauen und so die wertvolle und reiche Kultur weiterleben lassen. Das machen sie zudem mit sehr viel Freude und einer Weltoffenheit ohne jegliche Scheuklappen. Das bringt Spaß, und darin steckt sehr viel Liebe und positive Energie. „Ich erinnere mich an den Tag nach der Tallinn Music Week“, erzählt Pliefke, „als die Künstlerinnen Tuulikki Bartosik und Mari Kalkun nebst ihren Ehegatten einen Schreiber vom englischen Magazin Songlines, einen Medienmenschen aus Russland und mich in den südlicheren Teil von Estland zum Picknick einluden. Zuerst ging es durch ein Moorgebiet, und sie gaben ein intimes Konzert im Nirgendwo, um uns ihre Wurzeln zu verstehen zu geben. Die Freude in ihren Augen darüber, dass es uns wiederum Freude bereitete die, estnische Natur in uns einzusaugen, dieses Teilhabenlassen – das war etwas wirklich Besonderes.“

In den Zeiten von Streamingdiensten und Co. läuft es trotzdem ganz gut, auch wenn sich die Grenzen etwas verschieben. Bisher wollen die Hörerinnen und Hörer von Folk und Weltmusik tendenziell doch eher noch etwas in den Händen halten und honorieren dadurch die Kunst und die Arbeit, die dahintersteckt. „Um die Frage, wie sich etwas verkaufen lässt, geht es mir überhaupt nicht, wenn ich überlege, ob ich ein Album ins Programm nehme oder nicht“, betont Pliefke mit Nachdruck. „Es kommt darauf an, ob ich beim Hören eine Gänsehaut bekomme. Meine Aufgabe sehe ich dann darin, die positive Energie dieser Musik nach außen strahlen zu lassen.“ Zu seinen letzten großen Entdeckungen gehören die Letten von Tautumeitas, die Finnin Emmi Kunjanpäa oder Vedan Kolod aus Russland, die mit dem Album Wild Games ihr fünfzehnjähriges Bestehen feiern.

 Wo man früher auf die Suche gehen und die Künstler oder andere Labels von einer Zusammenarbeit überzeugen musste, kann er sich mittlerweile vor Angeboten kaum mehr retten. In Ruhe über eine Messe wie die WOMEX zu schlendern, wo er auch für PROFOLK, den Verband für Lied, Folk und Weltmusik in Deutschland aktiv ist, ist entsprechend schwieriger geworden. Da hilft es, das Namensschild auch einmal abzunehmen.

Dreimal wurde Christian Pliefke bereits zu Folkelarm, einem wichtigen Branchentreff für Folkmusik in Norwegen, eingeladen oder auch zur ersten nordischen Expo auf Spitzbergen. Außerdem zum Arctic Paradise World & Jazz Event in Finnland, zum Art-&-Ethno-Forum WithoutBorders im bulgarischen Balchik oder zur bereits erwähnten Tallinn Music Week in Estland. „Klar, die Leute erwarten schon, dass du irgendwas mitnimmst. Man muss ihnen aber unbedingt erzählen, dass wir zwar über achtzig Millionen Menschen in Deutschland sind, Folkmusik aber eine absolute Nische ist.“

Historische Logoauswahl aus der Geschite der Labels

Christian Pliefke ist ein Einzelkämpfer in Langenzenn, wo er mit Frau und Tochter lebt. „Ich erledige alles selbst – Onlinebestellungen, Promotion, Booking und die dazugehörige Produktion. Pressetexte, Grafik und Webdesign werden natürlich in Hände gegeben, die sich damit auskennen“, sagt er lächelnd.

Sehr gut angenommen von Medien und Hörerinnen und Hörern gleichermaßen wurden die Zusammenstellungen Folk & Great Tunes From Latvia, From Norway, From Scotland, Folk From Estonia oder Folk From Finland. Diese kompiliert er meistens dann, wenn er zu einem der Showcases in den entsprechenden Ländern eingeladen ist, um so für sich eine Art Erinnerung zu besitzen. Wenn dann noch mehr Menschen Gefallen daran finden, umso besser. Im Interview mit dem Folker-Magazin sagte er: „Hier auf dem Land kennen die Leute meist nur die Nachspielbands, wissen, was ein Jazzfrühschoppen ist oder auch wie Irish Folk klingt. Wenn man denen einen Sampler in die Hand drückt und sie hinterher CDs bestellen, ist das die schönste Bestätigung für die ganze Arbeit.“

Da er drei Labels, eine Bookingagentur und einen Musikverlag betreibt und manche Leute durcheinanderkommen könnten, wurde jetzt die Website www.cpl-musicgroup.de ins Leben gerufen, um die vielen Namen unter einem Dach zu vereinen.

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