Musik der Donnergötter

Stephan Micus, Thunder (ECM)

9. März 2023

Lesezeit: 2 Minute(n)

mit engl. Infos

Er ist ein unglaubliches Phänomen. Ein Magier der Weltmusik. Seit nahezu vierzig Jahren präsentiert Stephan Micus alle zwei Jahre ein neues Album, und seine Kreativität scheint keine Grenzen zu kennen. Auch auf seinem 25. Soloalbum glänzt der Siebzigjährige erneut mit atemberaubenden Kompositionen und einer Vielfalt an überraschenden, nie gehörten Klängen – und alles nur von ihm selbst eingespielt. Thema des neuen Albums ist der Donner, das mächtige, unkontrollierbare Naturphänomen, das überall auf der Welt zur Erschaffung von Göttern führte, um sie zu besänftigen. Inspiration für seine leidenschaftliche Hommage an neun Donnergötter wie Thor, Vajrapani oder Zeus war die Dung-Chen-Trompete, die Micus auf einer seiner unzähligen Reisen in den Himalaja während seiner Aufenthalte in tibetanischen Klöstern entdeckte. Deren tiefe Borduntöne nahm der Weltmusiker schon immer als Stimme des Donners wahr.

Eigentlich ist das Erlernen des einem Alphorn ähnelnden vier Meter langen Instruments Mönchen vorbehalten, aber schließlich erklärten sich die Mönche eines buddhistischen Klosters in Kathmandu bereit, ihn als Schüler anzunehmen. Auf dem Album kombiniert Micus die Trompete mit zahlreichen Instrumenten, die noch nie gemeinsam mit ihr erklungen sind. Dazu zählen das sibirische Ki un Ki, ein zwei Meter langer Halm, bei dem die Töne durch Inhalieren erzeugt werden, Pferdeglocken aus dem Himalaja, die Kaukas, eine fünfsaitige Harfe des San-Volkes im südlichen Afrika, die Laute Sape aus Borneo, die schwedische Nyckelharpa oder die japanischen Bambusflöten Nohkan und Shakuhachi. Zudem setzt Micus auch wieder auf seinen im Alleingang erzeugten mehrstimmigen Chor, der an Klostergesänge erinnert. Seine musikalische Reise hinterlässt einen sprachlos. Man kann gar nicht anders, als still zu werden und andächtig den meditativen Klängen zu lauschen. Beim Hören stellt sich das Gefühl ein, dem Naturphänomen Donner noch nie so nah gewesen zu sein – und man möchte diese Kraft einfach nur umarmen.

Erik Prochnow

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