Ein bewegter Lebensweg brachte Ian D. Green schließlich zu seiner Bestimmung. Lehre als Gärtner, Soldat im Koreakrieg, im gehobenen Polizeidienst bis zur Pension – und dann riskierte er 1986 einen Großteil seiner Rente, um Greentrax Recordings ins Leben zu rufen. Dieses Label sollte mit über zweihundert Veröffentlichungen der schottischen Folkszene in entscheidenden Jahren den nötigen Schwung verleihen.
Bei Greentrax starteten Gruppen wie Shooglenifty, Malinky oder die Peatbog Faeries, und Künstler wie Dick Gaughan, Brian McNeill oder die McCalmans veröffentlichten gerne bei ihm. Populär waren auch die Themenalben wie Gaelic Women, Scots Women und Scottish Women oder solche mit dem kommerziell ganz gewiss nicht lukrativen Archivmaterial der School of Scottish Studies. Zudem wurden die Produktionen zumindest in den ersten Jahrzehnten auch in Deutschland vertrieben.
Für seine Arbeit wurde Green mehrfach und verdientermaßen ausgezeichnet, nicht zuletzt mit dem Ehrendoktorhut der Royal Scottish Academy of Music and Drama (heute Royal Conservatoire of Scotland). Aber es waren nicht nur seine unbestechlichen Ohren, die der schottischen Szene zu Vorteil gereichten, es war vielmehr seine geradlinige und grundehrliche Art, die wie ein frischer Wind wirkte. Es sprach sich rum: Hier war ein Label, das die Tantiemen zuverlässig und pünktlich an die Musikschaffenden zahlte – keine Selbstverständlichkeit!
Als 2017 seine Frau June (Co-Direktorin von Greentrax) nach über sechzig Jahren Ehe starb, wurde das Leben schwerer, aber aufgeben? Nein, das kam für ihn nicht in Frage. Ian Green war fast bis zum Schluss aktiv und verstarb nach kurzer Krankheit.
Mike Kamp
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