„Ich will aufhören gegen all das zu kämpfen, das ich besser lassen sollte. Nur in einem Fall kann ich das nicht, dann nämlich, wenn ich ans Ende meines Lebens denke. Das macht mir immer noch Angst.“ Achtzehn Jahre alt war Sara Tavares, als sie diese Zeilen schrieb. Sie gehören zum Lied „Escolhas“ („Klippen“) ihres 1996 entstandenen souligen Debütalbums. Zwei Jahre zuvor hatte sie am Eurovision Song Contest teilgenommen, wo sie Achte wurde.
Nach diesem poppigen Beginn traf sie Lokua Kanza, der sie auf ihre kapverdischen Wurzeln ansprach und ihr zweites Album, eine Mischung aus afrikanischer Musik und Pop, produzierte. Mit Balancê (2005) und Xinti (2009), die sie beide selbst produzierte und für die sie alle Lieder selbst schrieb, erreichte sie ihren künstlerischen Zenit. Die beiden mit akustischen Instrumenten eingespielten Werke zeigen eine gereifte Musikerin, deren Lieder frei zwischen den Kapverden, Angola, Brasilien und Portugal, wo sie aufwuchs, hin- und herfliegen. Die Rückseite des Covers von Xinti zeigt eine junge Frau, die fast schwerelos in die Luft springt. „Fühl es“ bedeutet der Titel auf Portugiesisch-Kreolisch. Leicht, schwebend, doch voller Rhythmus und Energie verzaubert sie darin mit ihrer klaren Stimme ihr Publikum. „Ich werde der Schmetterling in deinem Garten sein“, ruft sie ihrem Angebeteten zu.
Kurz nach dem Erscheinen des Albums diagnostizierten die Ärzte einen Hirntumor bei Sara Tavares. Auf Fitxadu, ihrem fünften und letzten, 2017 erschienenen Album, singt sie in „Ter Peito E Espaço“ davon, dass sie den Mut und Raum haben möchte, um in einer Umarmung zu sterben. Diesen Vorahnungen zum Trotz verloren ihre in unterschiedlichsten kreolischen Dialekten gesungenen Lieder ihre Leichtigkeit nicht. Tanzen wir dazu zu ihrem Begräbnis. Sie wäre sicher glücklich darüber.
Martin Steiner
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