Wir waren Kelten! Tatsächlich, die Kelten siedelten vor über zweitausend Jahren in Süd- und Mitteldeutschland, ebenso wie unter anderem in Großbritannien, Irland, Österreich, Frankreich oder Nordwestspanien. Zu den Gebieten, in denen eine keltische Sprache bis heute gesprochen wird, zählen Schottland, Irland, Wales, die Bretagne, Cornwall und die Isle of Man. In den letzten beiden sprechen nur noch wenige tausend Menschen Kornisch oder Manx.
Egal, wo man hinschaut, die keltischen Sprachen haben den Status von Minderheitssprachen, die sich gegen das allmächtige Englisch oder Französisch behaupten müssen, auch und gerade im Alltag oder Beruf. Das funktioniert unterschiedlich gut, wobei es nicht zuletzt darauf ankommt, welche Unterstützung die Sprache von offizieller Seite erfährt. Die Zahlen sind immer mit Vorsicht zu genießen, denn es kommt auf die Quellen an, aber die Waliser scheinen mit weit über einer halben Millionen Muttersprachlern am erfolgreichsten zu sein. Walisisch ist tatsächlich Pflichtfach in allen Schulen. Bretonisch wird von etwa 200.000 meist älteren Menschen gesprochen. Und in Schottland und Irland existiert die Sprache als Muttersprache zumindest geografisch eher am Rande (rund 60.000 beziehungsweise 70.000 laut Zensus von 2022), hier zählen zu den Unterstützungsmaßnahmen zum Beispiel eigene Radio- und Fernsehstationen.
Egal, welche Maßnahmen ergriffen werden und wie relativ erfolgreich sie sind, Minderheitensprachen kämpfen immer mehr oder weniger ums Überleben, und gerade die Unterstützung in Form von Liedern, vor allem neuen, ist dabei höchst willkommen. Wie ist da aktuell der Stand der Dinge? Das wollten wir insbesondere in Bezug auf die vier wichtigsten keltischen Sprachen wissen, nämlich Irisch- und Schottisch-Gälisch, Walisisch und Bretonisch. Experte Michael Klevenhaus, Leiter des Deutschen Zentrums für gälische Spraache und Kultur in Bonn, zeigt uns in seinem Übersichtsartikel, mit welchen Schwierigkeiten diese Sprachen historisch konfrontiert waren, aber auch, wie es möglich sein könnte, einen kompletten Niedergang zu stoppen, um uns dann anhand persönlicher Erfahrungen etwas näher in die bretonische Sprache, Musik und Kultur einzuführen. Es mag erstaunen, dass bei einem Sprachenschwerpunkt ein Übersichtsartikel über Tänze in den keltischen Ländern zu finden ist, aber manche dieser Tänze haben ähnliche kulturelle Wurzeln wie die Sprache. Das nachzuvollziehen fällt uns wohl bei dem Artikel über die schottische Dudelsackmusik leichter. Die Great Highland Bagpipe etwa ist nicht nur in den schottisch-gälischen Kernregionen untrennbar mit der keltischen Sprache verbunden, wie zum Beispiel die Duldesacklehrsprache Canntaireachd vermuten lässt.
Natürlich wollen wir bei aller wichtigen Theorie nicht die Menschen vergessen, die uns mit der gesungenen Sprache so viel Freude bereiten. Kim Carnie aus Schottland, die solo und mit Mànran – englisch und gälisch – erfolgreich als Komponistin und Medienfrau unterwegs ist, hat anlässlich ihres Coming-out einen bewegenden Film (co-)produziert. Auch der Ire Cathal Ó Curráin beschränkt sich nicht nur aufs Singen und Musizieren – er weiß ebenfalls ganz genau, wie man sich vor der Kamera bewegt. Harfe und walisischer Gesang sind die Grundelemente der vier erfahrenen Künstlerinnen von Pedair aus Wales, die zeigen, wie vier solo seit Jahren ausgesprochen erfolgreiche Damen gemeinsam in der Lage sind, etwas völlig Neues und Wunderbares zu erschaffen. Allen drei Acts ist gemein: Sprachen, die so kreativ und überzeugend zum Klingen gebracht werden können, dürfen nie und nimmer aussterben!
Abgerundet wird das Ganze schließlich durch einen Beitrag über die Konzertreihe Celtic Voyage aus Wermelskirchen, die zu den Unternehmungen in Deutschland gehört, die Musik keltischsprachiger Regionen auch hierzulande zu Gehör bringen, sowie durch Rezensionen zu frisch erschienenen Produktionen aus keltischen Gefilden.
Redaktioneller Hinweis: Aus Platzgründen und wegen flüssigerer Lesbarkeit haben wir in den Beiträgen zum Schwerpunkt „Musik keltischsprachiger Regionen“ weitgehend auf Angaben zu Aussprache und Übersetzung keltischsprachiger (Lied-)Titel, Bezeichnungen o. ä. verzichtet. Diese können in der Regel leicht online ermittelt werden.
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