Gabriel Yacoub, geboren 1952, entdeckte seine Leidenschaft für Folkmusik in jungen Jahren durch das angelsächsische Folkrevival. Inspiriert von Woody Guthrie und Bob Dylan, stieß er in London auf Ewan MacColl, Martin Carthy und Planxty. Über ein Intermezzo in der Band Alan Stivells kam es zur stilbildenden Aufnahme „Pierre De Grenoble“.
Mit Marie Sauvet – die später seine Frau wurde – gründete er Malicorne, eine der frühen Ikonen des französischen Folk. Zwischen 1972 und 1989 prägte die Band mit wechselnden Besetzungen eine ganze Generation. Ihre Musik verband traditionelle Renaissanceinstrumente wie Cister, Krummhorn, Streichpsalter und die Violine von Laurent Vercambre mit elektrisch verstärkten Gitarren und dem E-Bassspiel von Hughes de Courson. Diese innovative Soundmelange war bahnbrechend – vergleichbar mit der Klangrevolution Steeleye Spans in England.
Was Malicorne noch virtuoser hinbekam als die englische Konkurrenz: ihre lupenreinen Chorsätze, die sowohl eingebettet in instrumentale Arrangements als auch a cappella dargeboten wurden. Ein Beispiel dafür ist „Salut À La Compagnie“. Doch es war der fast überirdische Zusammenklang von Yacoubs und Sauvets Stimmen, der die Musik der Band so unverwechselbar machte: Ihr Gesang war fesselnd, eindringlich, einzigartig. Eines der beeindruckendsten Beispiele: die schaurig-düstere Ballade „L’Écolier Assassin“ von ihrem richtungsweisenden Album Almanach – ein Werk, das sogar mit einem Moog-Synthesizer experimentierte!
Gabriels musikalischer Schaffensdrang führte über Malicorne hinaus zu einer Reihe exzellenter „Solo“-Produktionen mit befreundeten Musikschaffenden unter seiner Ägide. Stücke wie „Bon An, Mal An“ oder „Les Plus Rapides Des Oiseaux“ von den Alben Bel und Quatre sind hochkomplexe Songs, die das Herz ganz tief berühren. Seine Musik war nie trivial oder banal, sondern immer anspruchsvoll.
Einer seiner letzten großen Momente war 2017 beim Festival du Chant de Marin in Paimpol in der Nordbretagne – ein finaler bewegender Auftritt mit Malicorne und Alan Stivell. Was bleibt, ist seine einzigartig sonore und ergreifende Stimme, eingefangen in zeitlosen Aufnahmen. Bon voyage, Gabriel!
Johannes Schiefner
Foto: Jef Rabillon
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