Ein „Grand Monsieur“ der traditionellen Musik ist von uns gegangen. Vor genau fünfzig Jahren veröffentlichten La Bamboche ihr erstes Album mit Jean Blanchard, der hauptsächlich als Sänger, Geiger und Akkordeonist zu hören war. Die Gruppe gehörte zu einer ganzen Welle junger französischer Bands, die sich von ihren eigenen Traditionen inspirieren ließen und so eine Art kulturelle Gegenbewegung zur angelsächsischen Dominanz bildeten.

Im Laufe der Siebziger entwickelte Blanchard sich zu einem der führenden Dudelsackspezialisten. Ab La Bamboches viertem Album (La Saison Des Amours, 1978) spielte die Gruppe elektrisch, und die Drehleierspielerin Evelyne „Beline“ Girardon stieß dazu. Sie und Blanchard wurden musikalisch unzertrennlich. Anfang der Achtziger machten sie als Akustikduo unter dem Namen Beau Temps sur la Province weiter, mit einem regelmäßig wechselnden dritten Musiker (Schlagzeuger Max Di Napoli, Gitarrist Denis Gasser oder Akkordeonist Michel Pichon).

Blanchard war auch als Organisator sehr aktiv, beispielsweise in den Siebzigern im Folkclub La Chanterelle in Lyon und ab den Neunzigern im Centre de Musiques Traditionnelles en Rhône-Alpes. 1985 veröffentlichte er auf Anfrage der regionalen Organisation Lai Pouelée La cornemuse en Morvan avec une méthode d’apprentissage, ein bis heute weitverbreitetes Lehrbuch für den (mittelfranzösischen) Dudelsack. 1991 verfasste er zusammen mit seinem Dudelsackspielerkollegen Eric Montbel das Buch Cornemuses – souffles infinis, souffles continus. Daneben entstanden auch mehrere Alben der beiden als Duo.

Bahnbrechend war das Album Ménagerie, das Blanchard 1994 mit dem Quintette de Cornemuses aufnahm – neu komponierte, polyfone Musik für (französische) Dudelsäcke. Über die Jahre war er zudem an Theaterproduktionen in Lyon und Umgebung beteiligt und war die treibende Kraft hinter bedeutenden Projekten wie Le Grand Orchestre de Vielles et de Cornemuses (zum Zwanzigjährigen des Bordunfestivals in Saint-Chartier) und La Grande Bande de Cornemuses.

In den Neunzigern setzte das Akustikduo seine Tätigkeit in der Compagnie du Beau Temps fort, einem größeren Ensemble um Blanchard und Girardon. In den letzten Jahren spielte er hauptsächlich Banjo in der Formation Auvergnatus.

Musikschaffende weltweit interpretieren Jean Blanchards unzählige Melodien, die mittlerweile zum traditionellen Repertoire gehören.

René Meeuws

Foto: Jean-Pierre Dupuy