Fotohighlights von Fabian Schreyer

Water and Sound Festival 2024

12. August 2024

Lesezeit: 5 Minute(n)

Water & Sound: Eine Einladung zu Empathie und Austausch
Die Spuren des musikalischen Reichtums in der Atlantikregion führen zurück in eineVergangenheit jahrhundertelanger Interaktion zwischen den Kontinenten – zu (unfreiwilliger) Migration, Kolonialismus, Sklavenhandel. Die bedeutende Forschung des britischen Soziologen Paul Gilroy zu diesem Thema und der von ihm geprägte Begriff des »Black Atlantic« finden Niederschlag in den Festival-Panels und der Faktensammlung im Programmheft. Er beschreibt, wie die afrikanische Diaspora-Musik nicht nur kulturelle Identität und Vielfalt verkörpert, sondern auch eine wichtige Rolle bei der Gestaltung der Gegenwart spielt. »Weitergedacht stellt das Bild des ‚Black Atlantic‘ auch einen Kompass, ein Werkzeug, eine Sichtweise dar, die es uns allen ermöglicht, durch die gemeinsame Vergangenheit Afrikas, Europas und Amerikas zu navigieren und uns in der Gegenwart zu orientieren, um gemeinsam in die Zukunft zu blicken und um den Atlantik kreativ zu überqueren. Somit ist das Programm zu Water & Sound auch eine Einladung zur Empathie und zum Austausch, und ein Weg zum Verständnis der modernen Welt in all ihrer Vielschichtigkeit.«, so Girisha Fernando, der Künstlerische Leiter des Festivals.

START – WATER&SOUND (waterandsound.de)

Alle Bilder © Fabian Schreyer / Water & Sound Festival

UNDERWATER DISOBEDIANCE - Eine Ausstellung über das Gedächtnis des Atlantiks mit Sebastian Giussani sowie dem portugiesisch-französischen Künstlerduo Diogo da Cruz und Fallon Mayanja eröffnete zum Auftakt des Water & Sound Festivals 2024. Teil der Eröffnung war eine Performance zu der Fallon Mayana (Bild) den Klangteppich webte.
Diana Sanmiguel and Giovanna Mogollón sind Musikerinnen der Gruppen La Sonora Mazuren und La Perla und in Bogotà, Kolumbien zu Hause. Im Panel ATLANTIC EXCHANGE ergründeten die Musikerinnen die Vielfalt der kolumbianischen Musik mit ihren indigenen, afrikanischen und spanischen Elementen. Zuhause im Schmelztiegel Bogotá sind sie den »Liedern des Flusses und des Meeres« vom Landesinneren zur Küste gefolgt und spüren im Rahmen ihrer Musikprojekte den traditionellen afro-kolumbianische Rhythmen wie Cumbia, Clupa and Mapalé nach.
Am ersten Festivalwochenende fanden die Konzerte im Augsburger Annahof statt. Der Spielort war auch schon beim Vorgänger des Water & Sound, dem Festival der Kulturen, wegen seiner tollen Atmosphäre sehr beliebt: Spannende globale Musik, Kooperationen mit der regionalen Musikszene und internationales Essen von lokalen Communities locken ein bunt gemischtes, ausgelassenes, relaxtes Publikum an.
Bala Desejo bezaubert am ersten Festivalwochenende das Publikum im Augsburger Annahof: Die Band kanalisiert Einflüsse der brasilianischen Tropicália der 60er Jahre, der Psychedelia der 70er und des MPB für ihren jazzigen Avantgarde Pop. Das Quartett, bestehend aus Dora Morelenbaum, Julia Mestre, Lucas Nunes und Zé Ibarra, steht im Mittelpunkt der wiederauflebenden Musikszene von Rio de Janeiro.
Florence Adooni machten am Samstagabend den Auftakt, hätten aber in Sachen Stimmung ebenso gut als Headliner auftreten können. Die in der ghanaischen Frafra-Gospel-Szene beheimatete Formation vereinte auf der Bühne lokale Musiktraditionen mit Einflüssen aus Rock, Pop und Jazz. Der Annahof tanzt!
Florence Adooni & Band im Augsburger Annahof beim Water & Sound Festival.
Gaye Su Akyols Post-Punk-Grunge-Psychodelic-Surf-Rock-Interpretationen nahöstlicher Volksmusik im Annahof sind so magisch – selbst ein Regenschauer hält das Publikum nicht vom Tanzen ab. Nicht umsonst zählt sie mit ihrem unverwechselbaren kosmopolitischen Sound aktuell zu den interessantesten Stimmen der Türkei.
Zweites Water & Sound Festival-Wochenende am Kuhsee: Arabeske Rhythmen treffen auf minimalistische Synthesizerbässe, elektronische Klänge und rohe Gitarren. Und die charismatische Sängerin gibt alles! Die Band aus München verbindet türkischen Gesang mit New Wave Erinnerungen der 80er Jahre. Sinem, das sind Sängerin Sinem, Tagar (Friends Of Gas) an der Gitarrre und Tom Wu (What Are People For?) an Schlagzeug, Loops und Produktion.
Akutuk Origins beeindruckten mit ihrer Performance im Kuhsee von Wasserperkussion und Songs aus Kamerun durch die einzigartige Form der Darbietung und der fast schon spirituell zelebrierten Nähe zur Natur. Die Verwendung von Wasser als Medium für die Perkussion schuf ein faszinierendes visuelles und auditives Spektakel, das sowohl innovativ als auch tief in der kulturellen Tradition verwurzelt ist.
Als kurzfristiger Ersatz für Oumou Sangaré beim „Atlantic Concert" auf der Freilichtbühne eingesprungen, brachte Sängerin, Tänzerin und Perkussionistin Dobet Gnahoré von der Elfenbeinküste das Publikum in Windeseile vor die Bühne und aufs Tanzparkett.
Die Parade des Wasservogels ist eine interaktive Kunstperformance und ein neues, urbanes Ritual, das traditionell im Rahmen des Water & Sound Festivals stattfindet. Begleitet von Musik zieht die Parade entlang der Augsburger Kanäle und Wasserwege vom Siebentischwald in die Innenstadt. In diesem Jahr stieß im Laufe der Parade zum ursprünglichen Wasservogel (inspiriert von der altägyptischen, mythologischen Figur Bennu sowie der Symbiose von Wasser und Musik, des Zyklischen wie Unvergänglichen) »NUUN – the Subaquatic Bird of the Atlantic« hinzu.
Was für eine Stimme! Mit ihrem Duoprogramm „reEncanto“ - gemeinsam mit Gitarrist Djodje Almeida - begeisterte Mayra Andrade beim Water & Sound Festival auf der Freilichtbühne mit traditioneller kapverdischer Musik, Soul und Jazz - unterstützt vom „Ensemble Atlantique" um Arrangeur Tom Jahn (Alexander Vicar (violin), Julian Schad (violin), Verena Foutsop (viola), Eugen Bazijan (cello), Robert Vogg (saxophone, flute), Bernhard Girlinger (flugel horn).
Höhepunkt und Finale des Water & Sound Festivals auf der Augsburger Freilichtbühne am Roten Tor – eine ehemalige Befestigungsanlage und zugehörig zu einem historischen Ensemble, das Teil des „Augsburger Wassermanagement-Systems“ ist und am 6. Juli 2019 in die Welterbeliste der UNESCO aufgenommen wurde. On Stage: Die unglaubliche Dobet Gnahoré.
Das ursprünglich aus Kamerun stammende Akutuk ist eine Technik der Wasserperkussion mit bloßen Händen, ein Spiel zwischen Luft, Wasser und Körper. Diese uralte Fertigkeit ist eine Hommage an die Elemente der Natur, die ihr zugutekommen. Es ist eine rein weibliche Tätigkeit, die in den Wäldern Kameruns seit Generationen von Frau zu Frau weitergegeben wird. Loïs Zongo (Bild), die Leiterin des Projekts, will dieses fast vergessene Erbe im öffentlichen Raum wieder sichtbarer machen.
Man kann die Sängerin, Tänzerin und Perkussionistin Dobet Gnahoré durchaus als eine der Superstars des afrikanischen Kontinents bezeichnen. Sie wuchs in einer Künstlerfamilie auf und kann auf eine lange Karriere zurückblicken, in der sie 2010 einen Grammy Award gewann und über 800 Konzerte weltweit spielte. Auch in Augsburg war das Publikum instant schockverliebt und spätestens nach der Ansage „If you want, you can dance“ nicht mehr auf den Stühlen zu halten.
Der Kontrast hätte nicht größer sein können zwischen den zwei beeindruckenden, starken Frauen Dobet Gnahoré und Mayra Andrade beim Abschlusskonzert des Water & Sound Festivals auf der Augsburger Freilichtbühne. Und was für eine außergewöhnliche Erfahrung... Mayra Andrade und ihr Gitarrist Djodje Almeida nehmen nach dem Konzert mit den eigens für diesen Abend zusammengestellten Arrangements des Ensemble Atlantique um Arrangeur und Dirigent Tom Jahn den Applaus entgegen.

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