Audio mp3: »Jaimi Faulkner«, 6:38 min
Es gibt Musiker, die es verstehen, ein Publikum im Nullkommanichts für sich zu gewinnen. Und zwar ohne Pauken und Trompeten, sondern nur mit Gitarre, Stimme, Charme – und vor allem: wohltuenden Songs. Jaimi Faulkner ist so einer. Tritt eher bescheiden auf, kann alles. Leichthändig verbindet er Roots, Rock, Folk und Soul zu einprägsamen Songs in großer Vielfalt, von sanften Balladen bis zu Rocksongs. Er singt mit warmer, einfühlsamer Stimme. Spielt er live, plaudert er immer wieder aus seinem Leben, und da der Australier schon seit 2011 in Deutschland lebt, gelingt ihm das auch auf Deutsch recht gut. Wovon man sich ab 18. September 2025 auf der Tour zu seinem neuen Album selbst ein Bild machen kann.
Text: Imke Staats
Seine natürliche Entspanntheit könnte daher rühren, dass er in einer Familie aus Musikschaffenden aufgewachsen ist. Seine Oma war Pianistin, sein Onkel Kantor in Melbourne, so kam Klein-Jaimi früh mit religiöser A-cappella-Musik in Berührung. „Mit meinem Onkel habe ich viel Zeit verbracht und spirituelle Musik aus aller Welt kennengelernt“, erzählt er, „zum Beispiel aus der Umgebung von Australien, aus Tonga oder Neuseeland. Die Harmonien haben mich begeistert. Ich kannte mich bald weltweit in dieser Sparte aus und fing selbst an zu singen. Damals war ich sieben.“
Zum Singen kam zunächst der Unterricht am Klavier hinzu. „Als mir mein Papa eine Gitarre mitbrachte – ich war elf –, legte das in mir einen Schalter um: Ich konnte sie nicht mehr aus der Hand legen“, sagt Faulkner. „Danach probierte ich weitere Folkinstrumente, das Banjo und die Weissenborn-Gitarre zum Beispiel.“ Auch orientierte er sich an Größen wie Stevie Ray Vaughn, B. B. King, Muddy Waters, Eric Clapton, Neil Young oder Bob Dylan. So schulte er sich jung zu einem virtuosen Gitarristen.
Mit seinen jetzt 43 Jahren hat er schon ziemlich viel Erfahrung. Sein erstes Album, Last Light, brachte er mit 21 Jahren heraus. Die australische Musikszene feierte ihn 2004 dafür, er lief im Radio und spielte auf Festivals, wobei er seine Qualitäten als Liveperformer entdeckte und sich zunächst darauf konzentrierte. Nach der EP Back To You 2006 spielte er bereits auf dem Bluesfestival Juke Joint in Clarksdale, Mississippi, und vertrat als „Australian Roots Performer of the Year“ (2007) Australien mit seiner Band bei der International Blues Challenge in Memphis, Tennessee. Fortan trat er im Vorprogramm großer Stars weltweit auf, darunter Paul Young, Chris Isaac, Crosby, Stills & Nash oder Vonda Shepard.
2010 nahm Jaimi Faulkner Rucksack und Gitarre und tingelte als Singer/Songwriter durch Europa, was ihm große Anerkennung bescherte. Nach einigen erfolgreichen Touren blieb er in Deutschland. Mit dem Produzenten Ralf Christian Mayer (Fanta 4, Mark Forster), nahm er 2015 sein fünftes Album, Up All Night, auf, das im Vergleich sehr poppig ausfiel und etwas überproduziert wirkt. Eine Richtung, die er nicht weiterverfolgte und von der er zu seinen Wurzeln zurückgekehrt ist. Das sechste Album, Back Roads, produzierte er komplett in Eigenregie – die Fans liebten es, genau wie seinen Singlehit „Early Morning Coffee Cups“, der seit 2017 bald dreißig Millionen Mal bei Spotify gestreamt wurde.
In der Corona-Zwangspause erfreute Faulkner sein Publikum mit Livestreams und konzentrierte sich auf die Entwicklung seiner siebten Albumveröffentlichung, Allen Keys & Broken Bits, das er 2022 auf einer deutschlandweiten Tour präsentierte. Denn inzwischen ist der Australier endgültig in Deutschland angekommen. Nach Stationen in Berlin und Bremen hat er in Düsseldorf familiär geankert, sagt, er möge Europa, die europäische Kultur und die Haltung in Deutschland, Kultur ernst zu nehmen, dafür gäbe es trotz der aktuellen Auslegungs- und Finanzierungskrise weiter ein Bewusstsein.
Auch auf dem gerade erschienenen neuen Werk, Half Of It, bestätigt er seine Stilsicherheit – den in zwei Versionen darauf vorkommenden Titelsong gibt es als Single schon seit Mai. Faulkners bisher intimstes, persönlichstes Konzeptalbum behandelt Themen wie Tod, Verlust und Abschied – zwölf Songs wie aus einem Guss, nichts klingt angestrengt oder konstruiert. Und keinesfalls versinkt man beim Hören in Melancholie. Selbst der „Sad Song“ entwickelt sich von einer stillen Selbstreflexion über den Versuch, ein trauriges Lied zu schreiben, zu einem tröstlichen Energieschub. Obwohl er beinahe alles selbst gemacht und außer dem Schlagzeug alle Instrumente selbst eingespielt hat, erreicht Faulkner auf Half Of It eine große Vielfalt. Es gibt kurze Instrumentalstücke – eines heißt „Kivik Nights“ nach dem Namen eines Sofas einer bekannten Marke, auf dem er ganze Nächte verbrachte. „Ain’t My Lover“ bringt den Hall einer elektrischen Gitarre sakral zur Geltung. Bei „Benefit Of Hindsight“ hat er sogar allein einen ganzen Gospelchor gesungen.
Die Produktion „war wie ein Tagebuch, das in Poesie verwandelt wurde und dann in Musik“, sagt der Musiker. „Hier kam alles von selbst, fügte sich organisch zusammen, alles zog an einem Strang.“ Die Frage, ob er ein bestimmtes Rezept habe, um es so leicht, eingängig und natürlich klingen zu lassen, verneint Faulkner. Er habe alles „im Wohnzimmer aufgenommen, nichts Verrücktes eingebaut und es in der rohen Form gelassen“. Dem zugrunde liegen ein sicheres Stilbewusstsein, Erfahrung und entsprechende Fähigkeiten, sowohl in musikalischer als auch in technischer Hinsicht.
Im Frühjahr dieses Jahres läutete Jaimi Faulkner einige Konzerte Heather Novas ein, die auch in ländlicheren Regionen auftrat, wie etwa in der (renommierten) Worpsweder Music Hall. Ist es für ihn in Ordnung, noch immer vor großen Stars aufzutreten? Klar, er habe immer das Ziel zu wachsen, sagt er. Und natürlich möchte er gern auch auf die großen Bühnen, schätze es aber genauso, vor kleinerem Publikum zu spielen.
Aktuelles Album:
Half Of It (Make My Day Records/Indigo, 2025)
Termine:
18.09.25 Berlin, Prachtwerk
19.09.25 Hildesheim, Bischofsmühle
20.09.25 Lauenau, Kesselhaus
21.09.25 Mühlhausen, Sonntagsbühne im Ratskeller
24.09.25 Mülheim (Ruhr), Freilichtbühne
25.09.25 Rösrath, Saitenklänge Sommerkonzerte unplugged
26.09.25 Kiel, Pumpe
27.09.25 Husum, Speicher
28.09.25 Hamburg, Birdland Jazz Club
02.10.25 Lüdinghausen, Weinhaus Ricordo
05.10.25 Ratingen, Rosendahl Rösterei
09.10.25 Mainz, Kassettendeck Altmünsterkirche
10.10.25 Backnang, Bandhaus-Theater
11.10.25 Dachau, Altes Kino
12.10.25 Pfaffenhofen, Fiddler’s Green
16.10.25 Fürth, Kofferfabrik
17.10.25 Aalen, Tonfabrik
18.10.25 Stuttgart, Laboratorium (mit Axel Nagel)
24.10.25 Worpswede, Music Hall
25.10.25 Hamburg-Norderstedt, Kulturwerk am See
15.11.25 Krummhörn, Landkultur Freepsum
Aufmacherbild:







Ein erstklassiges Portrait über einen erstklassigen Musiker und wunderbaren Menschen!!! Danke und Bravo!!!👍 👏👏👏👏🙋🏻♀️❤️