Kongolesische Musik made in Germany

Der Sänger und Liedermacher Batila

13. April 2022

Lesezeit: 4 Minute(n)

Ange da Costa nennt sich als Musiker Batila, zu Deutsch „der Schützende, der Bewahrende“. Er hat kongolesisch-angolanische Wurzeln, lebte in Kinshasa und Luanda, bevor er als Fünfjähriger mit seiner Familie in die Kleinstadt Willebadessen bei Paderborn umzog. Seine Lieder schreibt er in Englisch und Lingala, der am weitesten verbreiteten Sprache in den beiden Kongos und im Norden von Angola. Vor wenigen Wochen hat er sein Debütalbum Tatamana veröffentlicht, das aus dem Stand Platz vierzehn der World Music Charts Europe erreichte.
Text: Wolfgang König

„Bla, bla, bla ist nicht mein Ding.
Wenn ich nichts zu sagen haben, dann schreibe ich auch keinen Song.“

Zu Hause hörte Ange da Costa neben den Stars der kongolesischen Musik wie Papa Wemba, Pepe Kallé oder Koffi Olomide auch Pop und Reggae. 1994 machte er mit fünfzehn seine erste Studioproduktion in Warburg nahe bei Willebadessen. Da gab es einen Produzenten namens Norbert Müller mit eigenem Studio. Der suchte per Anzeige Vokalisten.

„Ich habe mich daraufhin gemeldet, und es stellte sich heraus, dass er ein großer Fan von afrikanischer Musik war. Wir haben mit einem heute vorsintflutlich anmutenden Atari C64 einen Song aufgenommen, eine Mischung aus Hip-Hop, Jazz und afrikanischer Musik. Das hat sehr viel Spaß gemacht, zumal das Ganze mit einem coolen Bläsersatz arrangiert war, den Norbert Müller selbst eingespielt hatte. Mein erstes großes Projekt war 1996 die Hip-Hop-Band Soylent Green, bei der ich gesungen und gerappt habe. Die anderen kamen aus Angola, den USA und aus Deutschland. Wir sind zum Beispiel oft bei der Popkomm aufgetreten. Aber dann ging ich zum Studium nach England, womit dieses Kapitel für mich abgeschlossen war.“

In London studierte Ange da Costa Kommunikation und visuelle Kultur, was ihn mit vielen britischen Popgrößen verbindet, die sich statt Musik ebenfalls eher visuell orientierten Studiengängen wie etwa bildender Kunst widmeten. Nebenher trat er unter anderem mit der Hip-Hop-Formation Real Elements aus Malawi auf, die in Großbritannien tourte. In London hatte Ange da Costa auch Gelegenheit, eines seiner Idole zu treffen, den kongolesischen Superstar Papa Wemba. „Ich konnte es kaum fassen, aber ein Freund arrangierte es, dass Papa Wemba mich in seinem Hotelzimmer empfing. Es war ein wunderbares Gespräch. Er hat mich ermutigt, meinen eigenen Weg zu gehen, und mich sogar gebeten, einen Song für ihn zu schreiben. Ein paar Wochen später habe ich ihm das Lied geschickt, aber aufnehmen konnte er es nicht mehr, weil er kurze Zeit später gestorben ist – auf der Bühne während eines Konzertes in Abidjan. Für sein Umfeld war das natürlich schockierend, aber als Musiker wünscht man sich eigentlich so einen Tod.“

Nach dem Studium in London kam Ange da Costa alias Batila über eine Zwischenstation in Frankreich nach Berlin. Hier lebten viele seiner kongolesischen Freunde, er fühlte sich wohl in der Stadt und fand auch schnell eine Produktionsfirma, mit der er seine Ideen umsetzen konnte.

Wie entsteht eigentlich ein typischer Batila-Song? „Das ist ganz verschieden. Manchmal habe ich eine Idee an der Gitarre und schreibe hinterher den Text, manchmal ist der Text vor der Musik da. Aber meistens passiert das irgendwie gleichzeitig. Es kommt auch vor, dass ich die Straße entlanggehe und ein paar Ideen habe. Zu Hause nehme ich dann die Gitarre, und in kürzester Zeit ist der Song fertig. Mit anderen Stücken tue ich mich schwer. Da habe ich vielleicht eine Zeile oder ein paar Takte Musik, aber es braucht Wochen, Monate oder gar Jahre, bis daraus wirklich etwas wird. Ich kann mich ja nicht einfachen hinsetzen und mir vornehmen, jetzt ein Lied zu schreiben. Schließlich brauche ich die Inspiration, und die kommt entweder oder eben auch nicht, das kannst du nicht erzwingen.“

An der Gitarre ist Batila Autodidakt, Unterricht hatte er keinen. Sie ist sein Handwerkszeug, wenn er Songs schreibt, als Gitarrist jedoch würde er sich nicht bezeichnen. „Aber ich spiele das Instrument sehr gerne und habe mir auch eine persönliche Technik angeeignet. Die ist sehr nützlich, um den Rhythmus eines Stückes vorzugeben. Das ist dann für die Gitarristen, mit denen ich arbeite, nicht immer leicht nachzuvollziehen. Darum spiele ich die akustische Gitarre im Studio meistens selbst und tue das auch mehr und mehr auf der Bühne; damit markiere ich den Groove. Ich möchte ein guter Gitarrist werden. Dazu muss ich noch einiges lernen, aber das braucht Zeit. Darum würde ich mich im Moment eben noch nicht als Gitarrist bezeichnen. Dazu bewundere ich die vielen groovenden Virtuosen auf diesem Instrument einfach zu sehr. Außerdem verlasse ich mich im Konzert auch ganz gerne mal auf einen Gitarristen und habe dann mehr Bewegungsfreiheit als Sänger.“

Gitarristische Qualität ist für Batila auch deswegen wichtig, weil dieses Instrument schon immer die entscheidende Rolle in der kongolesischen Musik spielte. Neben den Sängern und Sängerinnen ist es vor allem den Gitarre spielenden Künstlern und Künstlerinnen zu verdanken, dass diese Musik so große Popularität in vielen Teilen Afrikas erlangt hat.

Batilas Inspirationsquellen für die Texte sind vielfältig. „Ich schaue mir die Welt an, die Dinge, die um mich herum passieren. Ich lese, beobachte, spreche mit Leuten und denke über all das nach. Daraus ergibt sich so viel, worüber man ein Lied machen kann. Bla, bla, bla ist nicht mein Ding. Wenn ich nichts zu sagen haben, dann schreibe ich auch keinen Song. Natürlich jamme ich auch gerne mit der Band, aber wenn ich an einem Text arbeite, dann habe ich ein Anliegen, das ich rüberbringen will.“

Die Besetzung seiner international zusammengesetzten Gruppe The DreamBus wechselt abhängig vom Budget der Veranstaltenden. Am liebsten tritt Batila mit zehn bis zwölf Kolleginnen und Kollegen auf, dazu gehört dann auch ein kompletter Bläsersatz. In der auftrittsfreien Zeit während der Pandemie sind die meisten Songs für das neue Album des Singer/Songwriters entstanden, das er dann in Kinshasa und Berlin aufgenommen hat.  Ab dem Sommer soll es die Tour dazu geben, in Deutschland, in anderen Teilen Europas und in Afrika.

 facebook.com/bantusoul

 

Aktuelles Album:

Tatamana (Galileo, 2022)

0 Kommentare

Einen Kommentar abschicken

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Dir hat der Artikel gefallen?

Dieser Artikel ist für Dich kostenlos. Wenn Du unsere Arbeit unterstützenswert findest, magst Du unser Team vielleicht mit einem einmaligen Betrag oder mit einer regelmäßigen Spende über Steady supporten. Das Wichtigste ist – Danke, dass Du uns liest !

Unterstütze uns einmalig mit Paypal (an unseren Verlag: Fortes Medien GmbH)

Werbung

L