Als Mitte der 1990er Jahre der hierzulande noch unbekannte brasilianische Falsett-Sänger Edson Cordeiro auf die Bühne trat, verschlug es jedem den Atem. Ein lebenslustiger kleiner Mann mit Headbanger-Mähne, Plateau-Schuhen und supersexy Netzhemd, der mit einer umwerfenden Stimme „I Can’t Get No (Satisfaction)“ der Stones singt und mittendrin die Arie der Königin der Nacht (A Rainha Da Noite) aus Mozarts „Zauberflöte“ einbaut. Mit einem rekordverdächtigen Stimmumfang von vier Oktaven (G – g′′′) vertonte er auf augenzwinkernde Art auf seinem Debutalbum „Edson Cordeiro“ Genre-Klassiker, melodramatisch bis in die Haarspitzen. Der Sänger wirkte wie ein neuer Caruso, füllte in Brasilien Fußballstadien, war bei Kindern und Klassikfans besonders beliebt. Natürlich konnte man fragen, was das mit brasilianischer Musik zu tun hat. Doch dass er sich jeder Kategorisierung entzog, als musikalisches Chamäleon zwischen Disco, Rock und Klassik wirkte, scheinbar Gegensätzliches verband, das gerade macht Brasilien aus. Cordeiros Kollegin Cássia Eller wirkte im Video dazu fast wie der männliche Part des Duos. Genialer Rollentausch.
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