Streicherakkorde, ein hingehauchter Gesang, seltsame elektronische Geräusche und verhallte Gitarrenklänge schweben durch den Song, der trotz seines avantgardistischen Habitus eine schlafwandlerische Zärtlichkeit verbreitet, zudem auf Englisch gesungen. Mit Lucas Santtana bahnte sich etwa ab 2011 eine neue Richtung in Brasilien an, die brasilianische Musik zwar benutzte, aber eindeutig nach dem neuen Jahrtausend klang. Eine Art Laptop-Folk. Sie vermied trendige Sounds und überraschte mit neuen Talenten. Musiker wie Santtana waren im Grunde Singer/Songwriter, die sich stilistischen Experimenten und elektronischen Sounds zuwandten, gleichzeitig auf all dies verzichten konnten und auch mal nur zur Gitarre sanfte Lieder spielten. Eine Art Neo-Tropicalisten, zu denen ebenso CéU oder Cibelle zu zählen sind. Santtana klingt manchmal nach Dream Pop, dann nach brutalem Kraftwerk-Remix, und dann wieder anders. Hier wird brasilianische Musik völlig neu definiert. Er selbst sagt: „Wir machen uns keine Gedanken über stilistische Begriffe. Das kommt vielleicht daher, weil wir in Brasilien alles Mögliche hören wie Jazz, Rock, Klassik und MPB. Eine Einordnung unserer Musik in Alternative Rock, World Music oder MPB ist eine europäische Denkweise.“ Und Santtana gehört zu den Musikern, die mit ihrer Kritik an der brasilianischen Politik nicht zurückhaltend sind.