Marí (behördlich registrierter Name: Linda Mari Josefson) kommt von der Insel Mors in Nordjütland, der Heimat des in allen skandinavischen Sprachen bekannten Begriffes „Jante-Loven“ – so ungefähr: „Gesetz von Jante“. Der Schriftsteller Aksel Sandemose stellte die zehn Gebote dieses Gesetzes 1930 in seinem Roman Ein Flüchtling kreuzt seine Spur (auf Deutsch im Guggolz-Verlag) vor, sein Gesetz wurde sprichwörtlich, und im Grunde besagt es: Da könnte ja jeder kommen. Nichts, rein gar nichts darf man tun, was sich auch nur minimal von dem unterscheidet, was die braven Bürger und Bürgerinnen für sittlich einwandfrei halten. Und wehe dem und der, die auch nur einen kleinen Versuch machen. Ist es da ein Wunder, dass Marís Lieder, bei denen sie sich ausdrücklich auf Sandemoses Jante-Gesetz stützt, absolut düster und tragisch klingen? Sie schreibt und singt auf Englisch, sie seufzt, säuselt, deklamiert – „stimmgewaltig“ ist das einzige Adjektiv, das hier angebracht scheint. Und es ist einfach wunderbar. Titel wie „Never Meant No Harm“ oder „Keep My Light On“ deuten aber schon an, dass nicht alles hoffnungslos ist. Allerlei musikalische Einflüsse (nicht von Mors) machen das Album zum unvergesslichen Hörerlebnis.
Gabriele Haefs
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