Wie kommt man auf dieses Thema? Bei dem Musiker, Komponisten und Autor Bernhard König aus Bonn war es die Begegnung mit seinem früheren Ich, genauer einem jungen Mann, der so war, wie König vor Jahrzehnten, und zwar auf einer Fridays-for-Future-Demonstration. Ihm wurde bewusst, wie sein einstiger Idealismus der beruflichen Alltagsroutine gewichen ist. Und er stellte sich die Frage, welchen Einfluss Musik auf das Klima hat und haben kann, im Negativen wie im Positiven, und ob er als Musiker etwas für den Klimaschutz tun könne. Er begann zu recherchieren und grub sich hinein in Klimaforschung und Kultur-, vor allem Musikgeschichte und kam zu Zusammenhängen wie dem, dass die Herstellung von Vinyl und Plastik für Tonträger, das Streamen von Musik, die Reisen zu Konzerten und die Konzerttourneen der Musikschaffenden klimaschädlich sind. Er stellte sich die Frage nach einem Eigenwert von Musik und danach, ob man diesen gegen die Klimaschädlichkeit aufrechnen könne. Andere Überlegungen im Buch gehen der Frage nach, ob man Musik für den Klimaschutz machen kann, so wie es ja auch Musik für andere politische Bewegungen gibt. König versuchte auch, eine Sinfonie zu komponieren, brach dies aber ab. Die Beschäftigung mit der deutschen Musikkultur der Nachkriegszeit brachte ihn dazu, zu erkennen, welchen gesellschaftswandelnden Einfluss Musik haben kann, auch ohne, dass das direkt zielgerichtet vor sich geht. Und er kam zu dem Schluss, dass, wer Musik liebt, auch eine gesunde Welt lieben muss. Immerhin haben Wetterkatastrophen auch Musikstätten zerstört und so Musikkulturen geschädigt. Ehrfurcht vor der Schönheit der Musik und der Schönheit der Natur gehen seiner Meinung nach Hand in Hand. Und wenn man gemeinsam musiziere, pflege man Gemeinschaft und somit ein Verantwortungsgefühl füreinander. Selbst Musik zu machen, sei überdies klimaneutral. Man könnte das alles auch auf weniger als 500 Seiten beschreiben, aber König nimmt in die Entwicklung seines Erkenntnisweges mit, der eben nicht geradlinig verlaufen ist, sondern in Schleifen. So haben auch Redundanzen ihren Sinn. Und herausgekommen ist ein informatives, lehrreiches und inspirierendes Buch.
Michael A. Schmiedel
Bernhard König:
Klima und Musik. – München : oekom-Verl., 2024. – 518 S.
ISBN 978-3-949425-04-2 – 36,00 EUR
Bezug: www.oekom.de
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