Über zwanzig Sekunden nur die Drones der Scottish Small Pipes, bevor sich eine Melodie herauskristallisiert. So startet die junge Dame von der Isle of Skye ihre Stücke gerne. Erstmals um 2016 trat sie ins Licht der Öffentlichkeit, schon fast schmerzhaft schüchtern, aber eine kompetente Instrumentalistin. Seitdem hat sie enorm an Selbstbewusstsein gewonnen, ihr Debüt veröffentlicht und mit Musikern wie Ross Ainslie oder Aidan O’Rourke kooperiert. Die Partnerwahl für ihren Zweitling ist überraschenderweise der Saxofonist Colin Stetson, und hier wird es spannend. Die Basis dieser Zusammenarbeit sind weiterhin traditionelle Melodien, aber die Small Pipes und das Saxofon umspielen einander so perfekt, dass die beiden Instrumente eins werden. Nun ist Stetson kein herkömmlicher Saxofonist, sondern jemand, der sein Instrument in den Dienst der Musik stellt und keine „Baker-Street“-Soli bläst. Das ermöglicht den beiden ein quasi organisches Livezusammenspiel im Studio, und es wirkt glaubhaft, wenn Chaimbeul betont, dass nur minimale Technik im Einsatz war. Und sie singt sogar! Topmusiker, Tradition und Trance, aber man muss sich drauf einlassen. Als Hintergrundmusik ungeeignet.

Mike Kamp