Konzerte und ihr Drumherum sind große Verursacher von CO2-Emissionen. Doch genau da können Musikschaffende ansetzen, um mit gutem Beispiel voranzugehen. Was lassen sie sich einfallen, welche Anstrengungen unternehmen sie, um ihren individuellen Beitrag zu leisten? Der folker hat sich drei Herangehensweisen näher angeschaut.
Text: Rolf Beydemüller
Der Percussionist, Schlagzeuger und Handpanvirtuose Manu Delago ist zum Zeitpunkt des Gespräches mit der isländischen Sängerin Björk auf Tour in Australien. Das hat mit Nachhaltigkeit wenig zu tun, was aber seine eigenen musikalischen Aktivitäten angeht, ist der Künstler anderen Musikschaffenden voraus.
Vom 1. bis 28. Juni 2023 ist das Sextett des Tirolers zum zweiten Mal nach 2021 auf „ReCyling“-Tour, von Innsbruck nach Amsterdam, von den Alpen bis zur Nordsee, rund zwanzig Konzerte sind geplant. Sechs Menschen auf Fahrrädern, mit Solarpaneelen bestückte Anhänger, Akkus, Instrumente, insgesamt so wenig Gepäck wie irgend möglich. Plastikmüll soll auf das Mindeste reduziert sein, die Ernährung ist vegetarisch und gleichzeitig soll das Publikum animiert werden, es den Akteuren gleichzutun. Sprich: Anreise zum Konzert gerne mit Fahrrad oder ÖPNV.
Bei seinen letzten musikalischen Projekten Parasol Peak (siehe „Plattenprojekt“ in folker #6.18 ) und Environ Me (2021) spielte das Einbeziehen von Natur und Umgebungsklängen eine zentrale Rolle. Der Musiker erzählt, wie es dazu kam: „Aus meinem Alpenhintergrund rührt eine starke Naturverbundenheit, und Parasol Peak war ein Schritt zurück zu den Wurzeln. Geografisch, aber auch musikalisch, weil es ein akustisches Projekt war, bei dem ich wieder zu einem Naturklang zurückgegangen bin, mit akustischen Instrumenten, ohne Elektronik, ohne Laptop. Sieben Menschen an einem Ort zusammen, und dort entsteht die Musik. Environ Me entwickelte ich zu einer Zeit, in der ich, vielleicht auch pandemiebedingt, viel alleine unterwegs war, viel spazieren gegangen bin. Da ist einerseits die Menschheit stiller geworden und dadurch die Umgebung, die Natur präsenter.“
In vielen Werken Delagos spielen Technik und elektronische Klangerzeugung eine tragende Rolle. Einen Widerspruch zur Naturverbundenheit sieht er darin nicht. „Ich habe mich sowohl bei Environ Me, als auch bei der ‚ReCycling-Tour‘ ganz bewusst entschieden, wieder mit elektronischen Sounds, mit Technik zu arbeiten. Dass die Menschheit jetzt wieder zurückgeht zu einem Zustand vor zweitausend Jahren, wäre zwar vom CO2-Ausstoß her sehr vorteilhaft, aber das wird in der Form nicht passieren. Das heißt ich glaube, dass man auch mit neuen Technologien Wege finden muss, wie man die Klimakrise bewältigt. Das ist die Entwicklung der Zeit, und es muss einen guten gemeinsamen Weg geben aus Technologie und Umwelt.“
Manu Delago setzt dabei auf Inspiration durch positives Vorleben im Rahmen klimafreundlicher Aktivitäten. „Man kann sich durch das Thema Klimakrise auch sehr herunterziehen lassen“, sagt er. „Wir haben das Gefühl, dass wir mit dieser Tour mehr Spaß und Erlebnisse haben, als wenn wir konventionell im Tourbus sitzen würden. Ich bin der Meinung, dass alles, was man beiträgt, zählt, auch wenn es nur kleine Dinge sind. Ich habe schon an ein paar Beispielen gesehen, dass ich andere Leute damit inspiriert habe, die wieder Leute inspirieren, und wenn das Ganze ein bisschen was bewirkt, dann muss man einfach daran glauben und genau das machen.“
Zur Tour ist im April ein neues Stück Musik erschienen, ein neues Album soll im kommenden Jahr folgen. Infos und Konzerttermine finden sich unter www.recyclingtour2023.com.
Aktuelles Album:
Environ Me (Eigenverlag, 2021)
Videos:
Offizielles Video der „ReCycling“-Tour 2021: www.youtube.com/watch?v=_JZwKL0GLWc
„Freeze“, offizielles Livevideo aus den Alpen: www.youtube.com/watch?v=bQ7L3lyuZ1w
„Autoshred“ vom Album Environ Me, offizielles Musikvideo: www.youtube.com/watch?v=6Mbq3-28l2o
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