Sie war so viel in einer Person, dass man es aus Angst davor, unglaubhaft zu wirken, kaum zu schreiben wagt: Andrea Pancur, den meisten – durch Massel-Tov, den Yiddish Summer Weimar oder Alpen Klezmer – aus der Klezmerszene bekannt, war Anglistin und Historikerin, Schauspielerin, Sängerin und engagierte Pädagogin. Seit Jahrzehnten war sie empathische Kümmerin für vom Leben Benachteiligte und Geflüchtete.
Internationale Aufmerksamkeit erregte die Münchnerin mit slowenischen Wurzeln, als sie ab 2011 in einer groß angelegten Recherche herauszufinden versuchte, wo die Gemeinsamkeiten der alpenländischen und der jiddischen Musiktraditionen liegen. Ihre aufsehenerregenden Ergebnisse verarbeitete sie zusammen mit dem lettischen Musiker Ilya Shneyveys in dem Projekt Alpen Klezmer, zu dem sie Größen der bayerischen und jiddischen Musikszene zusammenführte. Stofferl Well, Geigerin Evi Heigl, Bassist Alex Haas sowie die Klezmerstars Daniel Kahn, Lorin Sklamberg und Guy Schalom empfanden die neu entdeckten Gemeinsamkeiten als Offenbarung – Alpen Klezmer wurde zu einem international gefeierten Ereignis. 2014 erhielt sie dafür den Weltmusikpreis RUTH.
„Wir singen ums Überleben, wir singen gegen Hass und Ausgrenzung“, schrieb Andrea Pancur im Booklet zu ihrem Album Zum Meer. Wer sie kannte, weiß, dass das keine leeren Worte waren, dass sie als Netzwerkerin die Musik zum Werkzeug ihrer Hilfsbereitschaft machte. Mitte August ist diese strahlende, quirlige und starke Frau völlig überraschend mit nur 54 Jahren gestorben.
Ulrike Zöller
Foto: Yulia Kabakova
Es ist so furchtbar traurig!