Am 27. Oktober machen Tanzwut mit ihrer „Achtung-Mensch!“-Tour Station in München. Der Support Florian Grey aus Hamburg sorgt in den ersten vierzig Minuten für gute Stimmung. Sänger und Bandgründer Florian Grey steigt von der Bühne und singt einige Songs, während er sich unter das Publikum mischt. Mit einem anderen Konzertbesucher spekuliere ich darüber, ob der Künstlername des Sängers eine Anspielung auf Oscar Wildes Roman The Picture of Dorian Gray ist.
Text und Fotos: Judith Fischer
In der Umbaupause versorgen wir uns mit Getränken und harren der Dinge, die da kommen sollen. Gegen 21 Uhr erlischt das Licht im Saal. Zuerst treten die beiden Dudelsäcke und das Tamtam in Aktion, die E-Gitarren gesellen sich dazu und ganz zum Schluss betritt „Teufel“ Mike Paulenz die Bühne und führt durch eine stimmige Mischung aus altbekannten Songs und zehn Stücken aus dem aktuellen Album Achtung Mensch.
Das Publikum im gut besuchten Backstage geht gleich bei der Eröffnung des Sets durch „Neues Spiel, neues Glück“ mit. Was folgt ist ein Wechselbad der Gefühle. Ob mit dem Titelsong „Achtung Mensch!“ ein einzelner Mensch oder unsere ganze Gattung gemeint ist, die außer Kontrolle geraten ist und sich selbst zu zerstören droht, sei einmal dahingestellt. Die sarkastische Sicht auf das Zeitgeschehen und den Zeitgeist drückt sich auch in Stücken wie „Narziss“ und „Leichen im Keller“ aus. Bei „Loch in der Mauer“ wird Aufbruchsstimmung und Lebensmut trotz aller widrigen Umstände spürbar.
Für Auflockerung sorgen witzige Anekdoten, wenn der Teufel ins Plaudern gerät. Da ist zum Beispiel die Geschichte, wie er beim Ritterturnier in Kaltenberg unwissentlich dem Schlossherrn Luitpold Prinz von Bayern seinen Hammer in die Hand drückte und dieser auch selbstverständlich mit anpackte. Nach dem Abschluss der Tour am 23. November in Zwickau wird das Tanzwut Marionettentheater „Theatrum Diaboli“ wieder auf dem Kaltenberger Weihnachtsmarkt und anderen Märkten mit Puppenspiel, Märchen und Musik unterwegs sein.
Persönliche Einblicke gewährt der Song „François Villon“. Die Begegnung mit dem Leben und Schaffen des wohl bedeutendsten französischen Dichters des Spätmittelalters hat den Teufel laut eigener Aussage zu dem gemacht, was er heute ist. Eindrucksvoll umgesetzt wird dies in der Show durch eine schemenhafte schwarze Figur mit Zweispitz und Bandoneon, die während des Stücks immer wieder auf der Bühne auftaucht.
Der kehlige Gesang des Teufels ergibt mit den Klängen der Sackpfeifen, Schalmeien, E-Gitarren und treibenden, tanzbaren Beats eine Mischung, die den Saal immer wieder zum Brodeln bringt. Lichtshow und fantasievolle Kostüme mit Vogelmasken tun ihr Übriges. Auch an beinahe nostalgischen Momenten mit einer Art rauen Sentimentalität fehlt es nicht bei Songs wie „Zauberland“ und „Wir sehen uns wieder“.
Nur widerwillig wird die Band nach mehreren Zugaben in den Feierabend entlassen, nachdem sie am Merchandisingstand noch für Fotos und Autogramme zur Verfügung gestanden hat.
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