Kürzlich sind zwei Bücher auf den Markt gekommen, die sicherlich ihren Weg zu einem drehleierbegeisterten Publikum in Europa finden werden. Die Autoren haben sowohl geografisch als auch musikalisch unterschiedliche Hintergründe, der Inhalt ihrer Werke aber überschneidet sich in gewissem Maße.

Ruben Monteiro ist ein portugiesischer Multiinstrumentalist (hauptsächlich Saiteninstrumente), den ich bisher eigentlich nur vom Namen her kannte. Er ist musikalisch breit orientiert, von progressivem Rock über mittelalterliche Musik bis hin zu Musik aus dem Mittelmeerraum. Er hat dreizehn Musikschaffenden und drei Instrumentenbauern jeweils acht allgemein gehaltene Fragen vorgelegt, wodurch die Antworten nicht immer zu vergleichen sind. Monteiros Buch beginnt mit einem kurzen, aber ausgezeichneten und tiefschürfenden historischen Überblick über die Drehleier von Christian Marr, Musiker und Produzent bei West Wave Music, dem Verlag des Buches. Dann beschreibt Monteiro sein eigenes, sehr interessantes Drehleieruniversum: wie es begann, sich entwickelte und schließlich in das Album Nubero mündete, das er in jedem einzelnen Teil unter die Lupe nimmt. Danach kommen die dreizehn (meist spanischen) Kollegen zu Wort, die den in die Welt der Drehleier Eingeweihten mehr oder weniger bekannt sein dürften. Einige antworten sehr kurz, andere nehmen die Sache selbst in die Hand und schreiben einen längeren Essay zu den acht Fragen. Diese Beiträge (zum Beispiel von Efrén López oder dem Schweden Johannes Geworkian Hellman) sind für den Leser am interessantesten, da sie viele Aspekte des Instruments und der musikalischen Praxis der Befragten beleuchten. Das Buch schließt mit einer Liste empfohlener Aufnahmen (natürlich rein subjektiv) sowie umfangreichen und daher sehr nützlichen Literaturhinweisen.

Quentin Budworth kennen wir als Drehleierspieler aus allerlei englischen Bands wie Afro Celt Sound System, Celtarabia und zuletzt Agent Starling. Für sein Buch The Secret Life of the Hurdy-Gurdy stellte er 32 europäischen Drehleierspielenden 23, oft sehr spezifische Fragen. Außerdem enthält sein Buch 18 Fotos von Drehleierbauern, meist bei der Arbeit in ihren Ateliers. Budworth lässt also hauptsächlich Drehleierkollegen und -kolleginnen zu Wort kommen, von denen wir acht auch bei Monteiro finden, darunter Monteiro selbst. Von einigen hatte ich noch nie gehört, aber das liegt an mir. Auch hier ist das Ergebnis des Fragebogens sehr uneinheitlich. Einige beantworten Stichwort für Stichwort, andere machen einen ganzen Essay daraus. Besonders gefielen mir die Texte von Matthias Loibner, Rafa Martin, Christian Mohr Levison und Nicolas Simms. Sie eröffnen dem Leser neue Horizonte, weil sie eine eigene Vision entfalten.

Ich habe mich gefreut, Freunde und Bekannte unter den Interviewpartnern zu sehen. Doch einige, die man hätte erwarten können, fehlen merkwürdigerweise: zum Beispiel Grégory Jolivet, Anne-Lise Foy, Valentin Clastrier, Tobie Miller, Marc Anthony, Laurence Bourdin. Beide Bücher sprechen mich sehr an. Sie sind mit Wissen und viel Liebe zum Thema geschrieben. Jeder, der nicht nur gerne Musik hört, sondern auch gerne darüber liest, kann sich daran erfreuen. Beide Bücher geben einen besonderen Einblick in die Ansichten von rund vierzig Fachleuten, die sich mit der Drehleier beschäftigen. Viele Kapitel in beiden Büchern sind sicher auch für Nichtspielende interessant. Sie entführen die Leserinnen und Leser in ein Paralleluniversum. Wärmstens zu empfehlen!

René Meeuws