Hermeto Pascoal

*22.6.1936 Olho d’Água das Flores, Brasilien
†13.9.2025 Rio de Janeiro, Brasilien

29. September 2025

Lesezeit: 2 Minute(n)

Miles Davis nannte ihn einmal den „wichtigsten Musiker auf dem Planeten“. Jetzt ist der brasilianische Multiinstrumentalist Hermeto Pascoal, den man in Brasilien „O Bruxo“ („der Hexenmeister“) nannte, im Alter von 89 Jahren gestorben. Er mochte es nicht, auf Jazz reduziert zu werden, und sprach von „universeller Musik“. Dazu trat er mit Tieren auf, deren Laute er in seine Musik einbaute, selbst Nähmaschinen konnte er perkussive Momente entlocken. Er betrieb ein musikalisches Tagebuch, für das er ein Jahr lang jeden Tag ein neues Stück komponierte.

Sein Album A Música Livre De Hermeto Pascoal wurde 1973 während der Militärdiktatur zu einem Symbol der brasilianischen Gegenkultur. Auch der Sound von Airto Moreira und Flora Purim nahm durch deren Zusammenarbeit mit ihm ab den Siebzigerjahren seine prägende Form an. 

Vielleicht lag es daran, dass Pascoal Albino war und er sich damit berufen fühlte, immer das Außergewöhnliche zu suchen. Das galt für ihn in jeglicher Hinsicht. Mit seiner Band lebte er wie in einer Kommune, inklusive Tierzucht. Unvergesslich ist mir ein Interview mit ihm im Jahr 1994 in einem Hotel im hessischen Hofheim. Er kam gerade aus der Dusche, und es machte ihm nichts aus, die ganze Zeit nackt dazusitzen. Dabei erklärte er, wie er gerade für ein Album Sprachaufnahmen musikalische Eigenschaften abgerungen hatte. Bei seinem späteren Auftritt warf er spontan eine gerade ausgetrunkene Weinflasche ins Klavier und spielte mit dem dadurch veränderten Klang der Saiten.

Während andere bei Soli ihr hochtrainiertes Können vorführen, konnte der Autodidakt Pascoal mit einem Solo auf einem einfachen Saxofonmundstück begeistern. Seine Improvisationskunst auf allem, wonach ihm der Sinn stand, hatte etwas Geniales. Gleichzeitig wirkte er wie ein Monument für die typisch brasilianische Verbindung von Folkelementen, Jazz und Avantgardemusik. Bis zuletzt war er musikalisch erfolgreich, 2024 erhielt er verdientermaßen den WOMEX Artist Award. Seine Band Nave Mãe dürfte sein Werk fortsetzen.

Hans-Jürgen Lenhart

Foto: Gabriel Quintao

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