Er war eine der prägendsten Musikergestalten der Bretagne der vergangenen vier Jahrzehnte, sowohl als Sänger als auch als Instrumentalist. Zwar in Paris geboren, stammte seine Familie jedoch aus der Gemeinde Quelneuc im südbretonischen Departement Morbihan.
Als junger Musiker bildete Érik Marchand sich im traditionellen Gesang der keltischen Bretagne aus und traf dabei auf einen ebenfalls großen Sänger und unermüdlichen Sammler bretonischen Liedguts, den 2019 verstorbenen Yann-Fañch Kemener, mit dem er in den folgenden Jahren auf vielen traditionellen Tanzfesten (Fest-noz) als Gesangsduo auftrat.
1981 gründete Marchand zusammen mit einigen anderen musikalischen „Schwergewichten“ – darunter der im April 2025 verstorbene Gitarrist Soig Sibéril – die legendäre Band Gwerz, mit der er als charismatischer Sänger europaweite Erfolge feierte und die in ihrem Musikstil für die bretonische Musik Maßstäbe setzte.
Ab 1990 bildeten sich zwei zentrale Säulen seines musikalischen Schaffens heraus. Zum einen öffnete er die bretonische Musik für den musikalischen Dialog mit anderen Kulturen: Marchand erarbeitete unter anderen mit dem Oudspieler Thierry „Titi“ Robin und dem Tablaspieler Hameed Khan ein Musikprogramm namens „An Tri Breur“. Ein paar Jahre später entstand dann eine zweite Säule, die sein musikalisches Schaffen bis zu seinem Lebensende prägen sollte: Als versierter Spieler und musikalischer Botschafter der bretonischen Klarinette Treujenn Gaol sowie als Organisator internationaler Treffen der Klarinettenszene traf Érik Marchand in den Karpaten, in der Gemeinde Caransebeș in Rumänien, auf die traditionelle rumänische Volks- und Tanzmusik. Es folgte die lange und enge Zusammenarbeit mit dem Ensemble Le Taraf de Caransebeș.
Im Jahr 2003 gründete Marchand die Kultureinrichtung Kreiz Breizh Akademi, die es sich zum Ziel gesetzt hat, die traditionelle Musik der Bretagne mit traditioneller Musik anderer europäischer und außereuropäischer Regionen zu verbinden. Er leitete sie selbst über achtzehn Jahre lang. Ein großes Anliegen war ihm immer die Ausbildung und Förderung des musikalischen Nachwuchses, wodurch er entscheidend die Entwicklung mehrere Generationen bretonischer Musiker beeinflusste. Sein letztes Album, Hiri, erschien 2023 als Standortbestimmung des typisch bretonischen Wechselgesangs Kan ha Diskan.
Érik Marchand verstarb bei einem Aufenthalt in Caransebeș, an dem Ort, an dem er tiefe musikalische Spuren hinterlassen hat. Kenavo – leb wohl, Érik!
Hans Martin Derow (An Erminig)
Foto: Tilly Antoine (Wikimedia CC BY-SA 4.0 Link)

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