Man kann sich noch so sehr bemühen, aber man wird nie vorhersagen können, was Lisa LeBlanc als Nächstes tut. Im Laufe ihrer dreizehnjährigen Karriere als Musikerin hat sie Alben in völlig unterschiedlichen Stilrichtungen veröffentlicht. Sie begann als Countrypunk, arbeitete mit dem Banjo und beschrieb ihren Stil als „Folk Trash“ (im Gegensatz zu „Folk Rock“). In ihren Songs sang sie unter anderem in Chiac, dem Dialekt New Brunswicks, der akadisches Französisch mit englischen Begriffen kombiniert, darunter gelegentlich auch Schimpfwörter.
Text: Bob Mersereau; Übersetzung: Mike Kamp (with a little help from DeepL)
Das erwies sich als Riesenerfolg, und ihr nach ihr selbst benanntes Debütalbum machte sie 2012, 2013 schnell zu einem Star in Quebec und im übrigen frankofonen Kanada. Es folgten Auftritte in Frankreich, Belgien und anderen französischsprachigen Ländern. LeBlancs Debüt wurde mit Platin ausgezeichnet und ist das bisher meistverkaufte Album der atlantischen Provinzen des 21. Jahrhunderts.
Dann widersetzte sie sich den Erwartungen, indem sie eine englischsprachige EP herausbrachte und ihr Publikum durch gigantische, unterhaltsame Festivalauftritte erweiterte, bei denen sie ihre eigenen skurrilen Songs mit einer Banjo-Hochgeschwindigkeits-Version von Motörheads Metalklassiker „Ace Of Spades“ mischte.
Als während Corona alle zu Hause bleiben mussten, nutzte Lisa LeBlanc die sozialen Medien, um ihre Fans bei Laune zu halten, und erfand ein Alter Ego namens Belinda, das wöchentlich ein Bingospiel moderierte. Es stellte sich heraus, dass Belinda eine Leidenschaft für ausgefallene Kleidung und Musik der Siebziger hatte, sodass es nicht verwunderte, als LeBlancs nächste Veröffentlichung ein glitzerndes Discoalbum war. Nach dem Ende der Pandemie ging sie mit diesem Programm auf Tour, einer Discoshow mit Kostümen, bunten, blinkenden Lichtern und vielen Tanzmoves.
Nun hatte sie also Folk, Rock, Metal, Country, Disco gemacht, auf Französisch und Englisch gesungen, was könnte als Nächstes kommen? Auf ihrem bisher letzten Album vermischte sie 2024 das alles zu einer einzigen großen Show – Live Avec L’Orchestre Symphonique De Quebec. LeBlanc mit Streichern, Holz- und Blechbläsern? Natürlich war auch das gigantisch und wunderschön.
Lisa LeBlanc liebt es, über die Kultur und Lebensweise ihrer akadischen Heimat zu singen und zu sprechen. Aufgewachsen im winzigen Rosaireville in New Brunswick, gab es viel Essen, Spaß und Familie. „Auf der Seite meines Vaters waren sie sechzehn Kinder, eine riesige Familie”, sagt sie. „Meine Großmutter spielte Piano. Sonntags gingen wir in die Kirche, damit Oma glücklich war, und danach ging es ab zu ihr nach Hause. Es waren immer viele Leute da, und jedes Mal kochte sie etwas, meistens Fricot [traditioneller akadischer Eintopf; Anm. d. Red.] oder etwas anderes, genug Essen für alle und viel Musik. Heute bin ich sehr dankbar für diese Erfahrungen und eine ganz besondere Kindheit. Es war eine sehr kleine Stadt, also spielten die Leute Musik als Hobby, einfach um sich die Zeit zu vertreiben, um gemeinsam Spaß zu haben, das war ihre Unterhaltung.“
Bei den Familienjams hörte LeBlanc viel Classic Rock und Metal sowie traditionelle akadische Musik, was für einen ausgeprägten Folkhintergrund sorgte. Von Anfang an fühlte sie sich gleichermaßen wohl dabei, französisch oder englisch zu singen oder beides in einem Song zu kombinieren. Als sie anfing, ihre eigenen Songs zu schreiben, tat sie einfach das, was ihr natürlich erschien.
„Ich hatte eigentlich nicht vor, auf Chiac zu schreiben“, gesteht sie. „Das erste Album war halb und halb. Ein Teil davon war eher Standardfranzösisch, aber ein Teil eben auch wirklich Chiac, so wie ich sprach. Der Chiac-Dialekt hat etwas, mit dem das Singen Spaß macht, und für mich ist das ganz natürlich. Er hat seinen eigenen kleinen Swing, das ist ziemlich cool.“
Oft steht LeBlanc vor Publikum, das mit der akadischen Kultur der kanadischen maritimen Provinzen New Brunswick, Prince Edward Island und Nova Scotia nicht vertraut ist. Auf einer Tournee durch Japan konnte sie vor Kurzem den Zuhörenden alles über ihre Heimat erzählen. „Wir hatten Übersetzer auf der Bühne, was für mich eine Premiere war, da ich auf deren Übersetzung angewiesen war. Es machte Spaß, zu erläutern, worum es in den Liedern geht, die Unterschiede zwischen den Dialekten zu erklären, ein wenig über die Geschichte Akadiens zu berichten und etwas Geografieunterricht zu geben. Wir haben sie auf Japanisch über Kartoffeln, Karotten, Rüben und alles, was gekocht wird, singen lassen“, lacht sie und fährt fort: „Ich habe mich nie als Kulturbotschafterin gesehen. Das war nicht mein Ziel. Ich schreibe Musik, und für mich liegt die Kraft der Musik darin, Menschen zusammenzubringen. Deshalb mache ich das. Es ist einfach der Nervenkitzel, zu sehen, wie Menschen eine gute Zeit haben.“
„Ich habe mich nie als Kulturbotschafterin gesehen.“
Und sie haben definitiv eine gute Zeit. Ihre Shows sind Feste, ihre eigene Freude überträgt sich auf das gesamte Publikum. Als sie 2023 beim Open-Air-Festival Francos des Montréal in der Innenstadt der kanadischen Metropole spielte, dem größten französisch-kanadischen Musikereignis des Jahres, waren die Straßen über mehrere Blocks hinweg voller Menschen. „Ich glaube, es waren sechzigtausend Menschen da, echt verrückt“, schwärmt sie. „Das war eines meiner Lieblingskonzerte überhaupt, ich konnte einfach nicht glauben, was da mit uns passierte.“
Derzeit ist LeBlanc nicht auf Tour, sondern zurück in New Brunswick, wo sie an ihrem nächsten Projekt schreibt. Sie hat keine konkrete Ahnung, was dabei am Ende herauskommen wird. „Es ist ein ziemlich großes Projekt mit vielen Kooperationen“, erklärt sie. „Ich werde bald nach Louisiana reisen, um dort aufzunehmen. Ich arbeite mit einigen Cajunmusikschaffenden zusammen, um diesen sumpfigen Vibe zu bekommen. Mal sehen, ich bin wirklich gespannt, was die anderen Beteiligten einbringen werden und wie sich das Projekt dadurch verändern wird.“ Und: „Ich liebe es, so was zu tun. Ich langweile mich schnell. Ich bin immer auf der Suche nach dem nächsten Kick, nach dem, was gerade neu für mich ist. Wie fühle ich mich? Wie möchte ich es haben? Es kann eine Weile dauern, aber wenn es Klick macht, dann macht es Klick.“
Wo es danach für sie hingehen wird, weiß daher niemand, noch nicht einmal sie selbst.
Aktuelle Alben:
Live Avec L’Orchestre Symphonique De Quebec (Bonsound, 2024)
Zum Autor: Bob Mersereau ist Musikjournalist und Autor aus Fredericton, New Brunswick. Als langjähriger Kulturjournalist für die Canadian Broadcasting Corporation (CBC) hat er ausführlich über die Musikszene an der Ostküste Kanadas berichtet. Zu seinen Büchern gehören The East Coast Music Book of Fame oder The Top 100 Canadian Albums.







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