Eine Station ihrer Tournee war Bonn, genauer die Brotfabrik in Beuel, die gerade für Konzerte wie dieses den besten Veranstaltungsort der Stadt hat. Die Sitzreihen sind gestuft, sodass niemand einer anderen Person im Weg sitzt, die Bühne ist schwarz, wodurch die angestrahlten Künstlerinnen und Künstler wunderbar präsentiert werden, und die Akustik ist einfach hervorragend. Schade vielleicht nur, dass der Saal in letzter Zeit weniger für Musik als für Theater genutzt wird.

Birgit Ellinghaus von Alba Kultur und Klangkosmos NRW begrüßte die kleine Schar, die an diesem Sonntagabend den Weg hergefunden hatte, stellte das Duo vor, derweil auf den Stühlen hinter ihr aus Publikumsperspektive links eine Querflöte und rechts eine Geige auf ihre jeweiligen Eigentümer warteten. Alleine der Anblick der beiden auf diese Art drapierten Instrumente war sehr fotogen, wie zwei Stillleben. Aber Instrumente wollen gespielt werden, und das wurden sie dann auch.

Das Konzert begann mit einer Hornpipe, und im weiteren Verlauf folgen Jigs, Reels, Polkas, Marches und zwischen den Instrumentals Lieder, die mal von Matthews, mal von Ward gesungen wurden, immer begleitet vom je anderen auf dessen Instrument. Es war eine sehr feine und eher leise Darbietung, die etwas von Kammer- oder Stubenmusik hatte. Obwohl die meisten Tunes Tanzstücke waren, erklärte Matthews, dass sie auch traditionell gerne zum genussvollen Zuhören gespielt werden, auch gerade zu Hause in der Küche oder im Wohnzimmer oder auch vor dem Haus.

Die Melodien ließen Erinnerungen oder andere Vorstellungen aufkommen. Die auf Walisisch oder Englisch gesungenen Lieder waren zumeist Liebeslieder, aber auch Balladen – etwa über einen jungen Mann, den ein Brief des Königs zum Kampf gegen Napoleon rief. Dabei sang und sprach Jess Ward mit einer sehr leisen und feinen Stimme, die aber dank der guten Akustik des Saales gut zu verstehen war. Ein Mikrofon brauchten die beiden nur für die Ansagen, nicht aber für die Musik.

Matthews erklärte, dass das Klischee über keltische Musik, sie sei eine ländliche und handele vor allem von Fabelwesen, für die walisische Musik nicht zutreffe, denn vor allem der Süden von Wales, wo er herstamme – genauer aus Swansea – sei sehr städtisch und industriell geprägt. Die Menschen wohnten auch nicht weit voneinander auf Bauernhöfen, sondern eng auf eng in Reihenhäusern. Zugleich sei es eine maritime Gegend, die von der Seefahrt bestimmt wurde, die auch viel Musik aus anderen Ländern nach Wales gebracht habe, vor allem aus Irland, aber auch aus Frankreich, den Niederlanden, Deutschland und sogar aus Schweden. Und tatsächlich klang eine Tune nach einer Polska. In anderen Gegenden von Wales klinge die Musik indes wieder anders, so auch in Wards Heimat im Westen an der offenen Atlantikküste.

Diese feinen Unterschiede entziehen sich nun aber dem Gehör des Rezensenten. Der stellt sich dann lieber vor, wie zwei Fabrik- oder Hafenarbeiter sich nach Feierabend vor ihre benachbarten Reihenhäuschen setzen, sich kurz über den vergangenen Arbeitstag austauschen und dann ihre Instrumente sprechen lassen oder auch mal ein Lied singen, während zwischen den Schornsteinen und Verladekränen über der Irischen See die Sonne untergeht. Ja, das Dargebotene in der Brotfabrik kann ganz verschiedene Formen annehmen …

www.yscolan.tumblr.com (Ceri Rhys Matthews)

www.jesswardmusic.co.uk

www.albakultur.de

www.klangkosmos-nrw.de

www.brotfabrik-bonn.de