Das „Gewissen der Volksmusik“, so nennt einer der vielen Nachrufe den niederländischen Sänger Henk Scholte. Ein anderer bezeichnet ihn als „Galionsfigur des Groninger Folk“. Hohes Lob für einen wunderbaren Menschen und großen Künstler. In deutschen Folkkreisen war er vor allem durch sein Mitwirken bei der Folkgruppe Törf bekannt. Törf existierte bereits, ehe Henk dazustieß, und spielte damals (nach eigener Aussage) „Groninger Rock ’n’ Roll“. Mit Henk zusammen wurde Törf dann zu einer der ersten Bands, die sich für die Groninger Liedüberlieferung interessierten. In wechselnder Besetzung widmeten sie sich dieser Musik fast ein halbes Jahrhundert lang.
Die große Fünfzig-Jahr-Feier muss ausfallen: Henk Scholte starb nach längerer Krankheit im Alter von erst 65 Jahren. Er galt vielen als der Groninger schlechthin, da mag es erstaunen, dass er aus Emmen in der Provinz Drenthe stammte. Schon im Alter von nur wenigen Tagen wurde er jedoch über die Grenze nach Groningen geschafft und wuchs dort in der Gemeinde Stadskanaal auf, die unmittelbar an die Stadt Groningen angrenzt.
Seine große Liebe gehörte dem Groninger Dialekt, wovon sein reiches schriftstellerisches Werk Zeugnis gibt. Er hatte mit dem Schreiben von Liedern im Stil der Groninger Stadtmusikanten angefangen, merkte dann aber, nach eigener Aussage, dass sich nicht alle Texte gleichermaßen zum Singen eigneten: Gedichte und Prosatexte bildeten bald ebenso einen Teil seiner umfangreichen Produktion. Henk übersetzte auch sehr gern ins Groningische – immer wieder erbeten von seinen Fans ist seine „Grunneger“ Version von Heinrich Heines „Ich weiß nicht, was soll es bedeuten“.
Sehr gern überschritt er auch in späteren Jahren Grenzen, sowohl zwischen den Genres als auch zwischen den Staaten. So manches gemeinsame Projekt brachte ihn mit Freundinnen und Freunden in Norddeutschland, vor allem in Ostfriesland zusammen. Als Radiomann begeisterte er immer neue Generationen für seine schöne Heimatsprache, und für sein Wirken wurde er nicht nur mit lokalen Preisen bedacht, sondern auch mit der höchsten Auszeichnung seines Landes, der Aufnahme in den Orden der Ritter von Oranien-Nassau.
Gabriele Haefs
Foto: Promo
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