Reinhold Andert wuchs in einer katholischen Familie in Sömmerda auf. Nach Zeit in einem Bischöflichen Vorseminar und einer Orgelbauerlehre studierte er ab 1964 in Berlin marxistisch-leninistische Philosophie und Geschichte. Es war die Zeit des internationalen Folkrevivals. Andert schloss sich dem Hootenanny-Klub Berlin an (1967 umbenannt in „Oktoberklub“), und da er viele der damaligen offiziellen Lieder als phrasenhaft und schwülstig empfand, begann er selbst, Lieder zu schreiben. Sein Motto hieß „DDR-konkret“. Er wollte „Alltag besingen, wie er ist“, und „Witze machen über Dinge, die manchmal noch sehr religiös gehandhabt werden“. Andert wurde zum wichtigsten Autor des Oktoberklubs in dessen Anfangszeit.
1972 machte die FDJ Andert zum Leiter einer Gruppe für die Liedproduktion zu den X. Weltfestspielen der Jugend und Studenten in Berlin. Es entstanden einige Lieder, die den solidarischen Geist und den Enthusiasmus jener Tage zum Ausdruck bringen (zum Beispiel „Wir sind überall“). Mitte der Siebzigerjahre wurde Andert freischaffend und Mitglied des Schriftstellerverbandes. Bis 1980 trat er regelmäßig beim Festival des politischen Liedes auf. Er positionierte sich DDR-loyal und sagte später, „die Biermann-Rolle“ habe ihm nicht gelegen.
1980 wurde Andert aus der SED ausgeschlossen, deren Mitglied er seit 1963 gewesen war. Er erhielt zwar kein Berufsverbot, wie es später manchmal hieß, aber seine künstlerische Arbeit wurde eingeschränkt und von der Staatssicherheit überwacht. Die Lieder waren jetzt kritischer und bitterer. Erst 1989 erschien wieder ein komplettes Heft mit Andert-Liedern. Es trug den Titel „Von ihm lerne singen und schweigen“ (Zitat aus einem Andert-Text über den kommunistischen Sänger und Schauspieler Ernst Busch).
Andert bekam Angebote, in den Westen zu gehen, aber er blieb in der DDR und auch nach ihrem Ende Sozialist. Er schrieb keine Lieder mehr, sondern satirische und historische Texte. 1989/90 setzte er sich über seine Kontakte zur Kirche für die Unterbringung von Erich und Margot Honecker ein und führte mit den Honeckers mehrere Gespräche, die er in Buchform veröffentlichte.
Lutz Kirchenwitz
Foto: Reinhold Andert 1989 (© Thomas Neumann)

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