Im Alter von 58 Jahren ist der Koravirtuose Toumani Diabaté nach kurzer Krankheit gestorben. Er war einer der international bekanntesten Griots Westafrikas und stand in der 71. Generation einer Familie, die mit dem Spielen der Kora die Mandé-Kultur lebendig hielt.
Toumanis Vater Sidiki Sr. nahm 1970 das erste Kora-Album der Musikgeschichte auf, der Sohn wiederum trat schon in jungen Jahren als Innovator hervor. „Ich hörte auch westliche Musik, Jimi Hendrix, James Brown, Stevie Wonder. Seit damals wollte ich alles unternehmen, um eine universelle Pforte für die Kora zu öffnen.“
Toumani Diabaté entwickelte in seinem Koraspiel eine erstaunliche Unabhängigkeit von Bass, begleitenden Mittelstimmen und Improvisation wie kein anderer vor ihm. Es klang, als spielten drei Musiker statt einem. Schon auf seinem ersten Soloalbum Kaira von 1988 ist das zu hören. Mit dem englischen Folkjazzbassisten Danny Thompson und den spanischen Gitanos von Ketama produzierte er kurz darauf die heute legendären Weltmusik-Frühwerke Songhai 1 & 2.
Über Landes- und Genregrenzen hinweg spielte er unter anderem mit der US-Blueslegende Taj Mahal (1999), dem Rockmusiker Damon Albarn (2002), dem Jazzposaunisten Roswell Rudd (2003), dem isländischen Popstar Björk (2007), dem Bluegrass-Star Bela Fleck (2020) sowie dem iranischen Meister der Kamantsche Kayhan Kalhor (2023). Weitere Musikpartner waren sein Onkel Kélétigui Diabaté am Ballafon, seine Korakollegen Ballaké Sissoko, Bassekou Kouyate und Ali Farka Touré, mit dem er zwei Grammys gewann. Als Reaktion auf das wachsende politische Chaos in Mali 2014 und um an „die Toleranz des vom Sufismus inspirierten Islams“ zu erinnern, trat er zusammen mit seinem Sohn Sidiki im Duo auf. Für Furore sorgte er 2005 mit der Gründung der Big Band Symmetric Orchestra, in der er alle Facetten aus dem gesamten ehemaligen Mandé-Reich wie in einem Brennspiegel sammelte.
Neben unzähligen Alben und Videos im Internet sind auch in zwei sehenswerten Filmen Eindrücke aus seinem Leben festgehalten, die den beeindruckenden Musiker gut in Erinnerung halten, zum einen im Filmprojekt Koraklänge aus dem Land der Flusspferde und zuvor 2003 im Dokumentarfilm Bamako Is A Miracle.
Toumani Diabaté wird unvergessen bleiben, da er – so wie Ravi Shankar das Image und die Popularität der Sitar veränderte – ein neues, weltweites Publikum für die Kora gewann, indem er die Tradition mit der Moderne und Musik aus aller Welt verband.
Christoph Schumacher
Foto: Youri Lenquette
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