Liedermacher Hans-Eckardt Wenzel trat Anfang des Jahres im Leipziger Werk 2, einem soziokulturellen Zentrum im linksalternativen Stadtteil Connewitz, auf. Danach wurde laut Wenzel, trotz ausverkauftem Saal und mehrfacher Zugaben, ein weiteres geplantes Konzert vom Veranstalter mit der Begründung abgesagt, dass „die getroffenen Aussagen und vermeintlichen Scherze unserem Selbstverständnis als Haus … konträr entgegenstehen und für uns trotz allem Verständnis von Kunstfreiheit nicht akzeptabel sind“, sowie wegen „verstörender Äußerungen seitens Wenzel“.
Wenzel veröffentlichte dazu auf seiner Website und in der linken Tageszeitung Junge Welt einen offenen Brief, in welchem er konterte: „Mit diesen Taschenspielertricks konnte ich schon in der DDR meine Erfahrungen sammeln. Auch dort gab es keine offizielle Zensur, aber besorgte Bürger, die meine Auftritte zu verhindern wussten.“ Das Werk 2 beanstandete beispielsweise „verfälschende Glorifizierung der DDR“, Wenzels Meinung zu Putins Krieg sowie das Thema Gendern. Dazu Wenzel: „Eine Sprache, die nicht mehr für Poesie gebraucht werden kann, ist eine ideologische, eine bürokratische Sprache.“
Im offenen Brief beklagt Wenzel: „Diese um sich greifende selbstgefällige Arroganz ist moralisch offerierter Gesinnungsstalinismus.“ Und: „Derweil erodiert die politische Kultur unseres Landes, geraten wir in Notstände, wenn wir nicht unsere Widersprüche friedlich lösen können.“
Als Reaktion auf die Auseinandersetzung hat Liedermacherkollege Paul Bartsch eine Petition unter dem Titel „Die Freiheit der Kunst schützen“ auf den Weg gebracht, die auch als Unterschriftenliste an die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, Claudia Roth, übergeben werden soll.
Die Fronten zwischen Veranstalter und Wenzel scheinen verhärtet. Ein Streitpunkt bleibt, ob die Absage in Folge des Briefes des bereits für Dezember 2024 angesetzten weiteren Konzerttermins im Werk 2 als Auftrittsverbot zu werten ist, als welches es von Wenzel empfunden wird.
Werk 2 reagierte über die sozialen Medien mit einer öffentlichen Stellungnahme. Auch darin blieb jedoch unklar, welche „verstörenden“ Worte Wenzel bei seinen Ansagen zwischen den Songs genau auf der Bühne benutzt haben soll. Ebenso unklar blieb, warum sich beide Seiten zur Klärung nicht an einen Tisch setzen, sondern die öffentliche Auseinandersetzung suchen.
Klarheit in den Sachverhalt zu bringen versuchte indessen der MDR in einem Beitrag vom 10. Mai 2024, der beide Parteien zu Wort kommen lässt.
„Auftrittsverbot“?
Das ist doch Unfug seitens Wenzels!
Ein Kulturzentrum, das eine bestimmte politische Richtung verkörpert, darf selbstverständlich die Künstler/Künstlerinnen einladen, die zu dieser Richtung passen. Und es darf auf die Einladung derjenigen verzichten, die nicht hineinpassen.
Das ist die Freiheit des Veranstaltungs-Teams: Niemand kann diese Leute zwingen, einen bestimmten Künstler im Werk 2 auftreten zu lassen. Wenzel hätte dieses Privileg wohl gern, aber das klingt nach alter DDR-Denke …
„Ebenso unklar blieb, warum sich beide Seiten zur Klärung nicht an einen Tisch setzen, sondern die öffentliche Auseinandersetzung suchen.“
Werk2 meint in seinem oben verlinkten offenen Brief, sie hätten das Gespräch mit Wenzel sowohl vor Ort, als auch per Mail gesucht, wären aber nicht zu ihm vorgedrungen. Stattdessen hätte Wenzel einen offenen Brief geschrieben.
Wirkt auf mich, als würden 2 Stile der Konfliktbewältigung aufeinandertreffen: Empathie auf Brechstange.
Es tut mir leid aber den Streit eines Musikers mit einer Veranstaltungsstätte
als wichtige News im folker abzubilden, kann ich nicht nachvollziehen.
Lieber Max,
du hättest Recht, wenn es sich um eine private Auseinandersetzung zwischen einem Küsntler und einem Auftrittsort handeln würde. Dieser Streit jedoch ist über Facebook und andere Medien in die breitere Öffentlichkeit getragen worden und hunderte von Menschen beteiligen sich an der Diskussion. Dadurch ist zumindest unseres Erachtens der Vorfall durchaus eine Meldung in folker wert.
Lieber Mike, danke für deine Rückmeldung.
Es würde mich wundern wenn eine Auseinandersetzung über Facebook und andere Medien nicht breitgetreten würden. Fehlt nur noch TikTok und Konsorten
Der Künstler hat Fans die für ihn eintreten, die Sache aus der Fan-Perspektive betrachten und gegen den bösen Veranstalter wettern. Der Veranstalter scheint mir da die schlechteren Karten zu haben weil er, so wie die Sache dargestellt wird, nicht die große Öffentlichkeit herstellen kann.
Vom Künstler hätte ich mir -nach Studium der Einzelheiten- mehr Contenance gewünscht.
Wie steht die folker-Redaktion zum Thema?