Der gebürtige Münchener hat nicht nur eine Professur für Tuba am Mozarteum in Salzburg und war Gründungsmitglied der bayerischen Kultband LaBrassBanda. Andreas Martin Hofmeir tritt auch weltweit als Solist und Kammermusiker auf und steht seit mehr als zwanzig Jahren als Kabarettist auf der Bühne. Er ist ein Pionier seines Instruments, tritt am liebsten barfuß auf und sucht immer wieder neue Herausforderungen für sich und seine Tuba „Fanny“. Im Jahr 2024 ist er „Tubabotschafter“.
Interview: Petra Rieß; Fotos: Philippe Gerlach
Der Deutsche Landesmusikrat hat 2024 zum Jahr der Tuba erklärt. Du bist in mehrfacher Hinsicht als Tubabotschafter verpflichtet worden. Es ist August, mittlerweile sind sieben Monate vergangen. Kleiner Faktencheck an dieser Stelle: Hat sich der Presse- und Botschafterrummel gelohnt?
Man muss es am Ende doch nüchtern betrachten: Die Tuba konnten wir nicht zu einem besseren Instrument machen, denn sie ist ja schon der letzte Schrei der Schöpfung, die Krone der Instrumentenbaukunst. Aber zumindest haben jetzt ganz viele Menschen diese frohe Botschaft ganz wahrhaftig am eigenen Leib erfahren dürfen, weil sie bezüglich des Genusses eines Tubakonzertes quasi entjungfert wurden.
Wie groß ist die Heerschar neuer Tubaspielender, die dir jetzt folgt?
Um Gottes Willen, hoffentlich folgt mir keiner, ich habe ja gar keine Sandale. Und ein Heerführer bin ich schon gleich gar nicht. Mir reicht es, wenn in den Kapellen kein Tubamangel mehr herrscht und einige große junge musikalische Talente nunmehr statt zur Trompete oder Geige zur Tuba greifen.
Welche war denn – in diesem Zusammenhang – eine deiner schönsten Erfahrungen?
Das Schönste ist immer, wenn nach dem Konzert jemand kommt und sagt, dass er nie gedacht hätte, dass man nach dem Klang einer Tuba regelrecht süchtig werden kann. Dann sag ich: „Das tut mir leid, denn jetzt ist es schon zu spät, das werden Sie nie mehr los.“
Welche war – siehe oben – eine ernüchternde?
Dass selbst meine treue Tuba Fanny nicht alle Angriffe minderjähriger Mitbewohner schadlos übersteht und dass eine Lötstelle wie auch eine Ventilmaschine nicht gegen einen Abwurf vom Flügel oder eine Kollision mit zwei Bobbycars gewachsen ist.
Als Tubist und Mitbegründer konnte man dich früher vor allem bei LaBrassBanda hören. Seit 2014 bist du nicht mehr dabei. Warum eigentlich?
Weil sieben Jahre im Popmetier einfach reichen. Ich bin vor LaBrassBanda schon auf ganz vielen verschiedenen Pfaden unterwegs gewesen, ob im Orchester, als Solist, als Kabarettist, Autor, Schauspieler oder Regisseur. Und dann gab es ja auch die Professur, die ich ein Jahr vor Bandgründung bekommen hatte. In den sieben Bandjahren blieb einfach wenig Zeit für all diese Sachen, und dann ist es halt doch oft immer dasselbe. Ich brauche die Abwechslung, ich brauche die Herausforderung. Und die habe ich jetzt wieder, in jeder Hinsicht.
„Ich brauche die Abwechslung, ich brauche die Herausforderung.“
Erfunden wurde die Tuba um 1835 in Berlin. Ursprünglich für Militärkapellen entwickelt, hat sich die Tuba fix einen festen Platz im Orchester ergattert. In Bayern gehört sie quasi zum Lifestyle. Wo spielt denn die Volksmusik, die traditionelle Blasmusik heute in deinen Konzerten eine Rolle?
Ja, gell? Das ist schon interessant, dass ein absolut preußisches Instrument wie die Tuba mittlerweile als Inbegriff des Bayerntums dasteht. Schamlose kulturelle Aneignung, würde ich sagen. Aber sie steht halt für Gemütlichkeit und Fülle, und das sind Eigenschaften, die man eher dem Bayern als dem Preußen zuordnet. Ich spiele auch noch ab und zu mal ein bisschen Volksmusik, wenn ein gutes Bier ausgeschenkt wird.
Als Mann des kabarettistischen Wortes hast du zum Jahr der Tuba auch einen Band mit Gedichten veröffentlicht: Hundsgemeine Instrumentenkunde. In 77 Gedichten hast du 38 Instrumente ironisch aufs Korn genommen – außer der Tuba. Haben wir in Deutschland zu wenig Humor im Umgang mit Musik?
Generell würde ich das nicht sagen. In der Volksmusik haben die Leute doch immer eine rechte Gaudi. Aber in der klassischen Musik ist es oft schon etwas verbissen. Und das kann man auch verstehen: die Stücke sind schwer, die Herausforderung groß, man möchte immer das Beste geben, keinen Fehler machen, was soll daran lustig sein? Aber ich bin ja der Meinung: Je unpassender eine Situation für Humor erscheint, desto wichtiger ist er. Schauen wir auf die Intensivstationen, in die Bestattungsunternehmen, in die Rettungsfahrzeuge – da ist der Humor quasi Überlebenselixier. Da können wir klassischen Musiker nur davon lernen. Und im Vergleich ist der Druck bei uns ja gar nix. Von einem F statt einem Fis ist noch keiner gestorben. Und dass das Jahr der Tuba dazu dienen sollte, zur Erhöhung derselben alle anderen Instrumente gründlich zu erniedrigen, das ist doch eigentlich eine Selbstverständlichkeit.
„Je unpassender eine Situation für Humor erscheint, desto wichtiger ist er.“
Es gibt dazu auch ein Musikprogramm, mit dem du auf Tour bist: „Konzertante Aneignung – eine musikalische Frechheit“, Musikkabarettkonzert zum Buch Hundsgemeine Instrumentenkunde. Was erwartet uns da?
Ich schmähe in dem Programm erst das jeweilige Instrument, und dann klauen wir ihm auch noch sein schönstes Stück und bringen es mit Tuba und Klavier endlich zur verdienten Blüte. Also gleich eine doppelte Anmaßung. Und die jeweils Betroffenen im Publikum stecken die Schmähung ihres Musiziervehikels eigentlich ganz gut weg, weil sie sich ja dann gleich an der Vernichtung ihrer Nachbarn ergötzen können. Und die Musik ist halt einfach wunderbar.
Eines deiner Projekte ist die European Tuba Power mit Fabien Wallerand aus Paris beziehungsweise Genf, János Mazura und Roland Szentpáli aus Budapest und dir selbst, Andreas Martin Hofmeir aus Salzburg. Was zeichnet euer Repertoire aus?
Das ist das vielleicht „LaBrassBanda-mäßigste“, was ich seit meinem Ausstieg gemacht habe. Wir spielen ein bisschen Klassik, viel Jazz und ganz viel sehr gut tanzbare Pop- und Rockcover sowie sogar Heavy Metal und Techno. Und das alles nur mit vier Tuben und Schlagzeug. Das fährt schon richtig ein, ist aber für uns saumäßig schwierig und anstrengend. Deshalb spielen da auch die besten Tubisten aus Europa mit, für uns ist das jedes Mal ein schönes, kleines Klassentreffen. So ein Konzert muss man unbedingt erlebt haben. Diesen Herbst sind wir da auf ganz großer Tour.
Du selbst bist in so vielen verschiedenen Formationen unterwegs – solo, im Duo, mit Orchester, mal laut, mal leise, mit Harfe zum Beispiel. Was war denn bisher deine wildeste Kombination? Zum Beispiel mit einem Didgeridoo?
Um Gottes Willen, so schlimm ist es noch nicht gekommen. Mein verrücktestes Duo ist sicher das mit dem Geiger Benjamin Schmid, aber ich habe in Rudolstadt zum Beispiel bei einem Projekt mit Harald Haugaard auch mal Techno zusammen mit der Maultrommel von Albin Paulus gespielt. Das war sehr verrückt.
Du unterrichtest seit vielen Jahren in Salzburg am Mozarteum. Was sollten deine Studierenden am Ende des Studiums unbedingt können beziehungsweise mitnehmen?
Dass es viele, viele Arten und Möglichkeiten des Musizierens gibt, auch im professionellen Bereich. Und ganz wichtig ist mir, dass sie alle wissen, wie man eine Melodie phrasiert, sodass es dem Zuhörer die Tränen in die Augen treibt, und zwar nicht aus Wut. Das ist nämlich die wahre Kunst des Interpreten und kommt noch vor aller Virtuosität.
Würdest du noch einmal „Botschafter“ werden wollen?
Ach, ich würde sagen, es gibt Schlimmeres.
Aufmacherbild:
0 Kommentare