Kolumne

Konzertkarten im Netz: „Zweitmarktbörsen“, „Schwarzmarkt“ und was ist zu tun?

5. Juni 2024

Lesezeit: 3 Minute(n)

Ausverkauft!“ Das trifft einen ins Mark. Meine Lieblingsband ist in der Stadt, endlich. Stattdessen das Nichts, Konzertentzug. Aber ich will doch … Und bevor ich mich mit einem Schild vor die Halle stelle, versuche ich es als Erstes auf dem Zweitmarkt im Netz. Viele Plattformen werben da, Angebote gibt es auch – aber wie gehe ich das an, ohne über den Tisch gezogen zu werden?
Text: Johannes Everke

Der Weiterverkauf von Tickets ist mit weltweit 12 Milliarden Euro ein riesiger Markt, und das mit Recht. Denn wer kauft schon gerne frühzeitig, wenn er beim Konzert dann vielleicht doch nicht kann? Rund 60 Prozent der Fans sind eher zum Kartenkauf bereit, wenn sie die Tickets im Notfall weiterverkaufen können. Und wo so viel Geld im Umlauf ist, findet natürlich auch Betrug statt. Jeder dritte Fan musste damit schon Erfahrungen machen. Sei es, dass die falschen, gefälschte oder überhaupt keine Tickets kamen oder dass personalisierte Tickets weiterverkauft werden, bei denen unter Umständen kein Zugangsrecht besteht.

Dabei gelten bei den Tickets eigentlich dieselben Regeln wie überall im Netz. Ist ein Angebot zu gut, muss das stutzig machen. Ganz sicher Fake ist, wenn die Tickets schon vor dem offiziellen Verkaufsstart angeboten werden. Üben Plattformen Verkaufsdruck aus („Nur noch zwei Tickets übrig!“, „Nur noch 30 Sekunden für Sie offen!“), hält man besser Abstand. Und es kann Vertrauen schaffen, sich Bewertungen bei Trustpilot, Paypal und vergleichbaren Seiten oder bei der Verbraucherzentrale einzuholen. Hat die Verkaufsplattform ein echtes Impressum? Gibt es einen Kundensupport, abgesicherte Bezahlmethoden, und sehe ich genau, wer da verkauft? Den Bundesverband der Konzert- und Veranstaltungswirtschaft (BDKV) erreichen da vielfach Beschwerden über Plattformen wie Viagogo, Get Your Ticket, Ticketbande oder StubHub, die die erforderlichen Standards oft nicht halten.

Aber es gibt natürlich nicht nur schwarze Schafe am Markt. Die großen Plattformen wie CTS Eventim oder Ticketmaster bieten genauso wie viele der kleineren ihre eigenen Zweitmarkt-Seiten an. Auch unabhängige Ticketbörsen wie TicketSwap bieten einen seriösen und transparenten Service.

Allerdings ist man auch bei sicheren Seiten nicht vor hohen Zuschlägen und Extrakosten gefeit, die ein Ticket im Wiederverkauf um durchschnittlich 250 Prozent verteuern, wie die Initiative FEAT (Face-value European Alliance for Ticketing) recherchiert hat. Solche Preise frustrieren nicht nur Fans, Musikschaffende und Veranstaltende, wenn Erstere zu viel bezahlen und bei den anderen von diesen Mehrkosten nichts hängenbleibt. Auch für den Konzertmarkt ist das mit Sorge zu betrachten. Denn wenn die Fans für das eine Konzert sparen und ihr gesamtes, persönliches Konzertbudget einsetzen, werden sie womöglich weitere Konzerte gar nicht besuchen. Und das trifft meist die kleinen, unbekannteren und nicht ganz so exklusiven Acts, die das Musikleben ebenfalls braucht für dessen Vielfalt und die Stars von morgen.

Und was tut die Branche gegen den Schwarzmarkt, wenn er doch allen schadet? Das erste Ziel ist, die Konzertkarten an Fans und nicht an gewerblichen Handel zu verkaufen. Das kann durch personalisierte Tickets geschehen, einige Musikschaffende bevorzugen im Ticketing ihre verifizierten Fans. Über die deutsche und europäische Gesetzgebung versucht der BDVK als Zweites, zu rechtlichen Rahmenbedingungen zu kommen, die die Kundschaft schützen. Und drittens wird missbräuchlichen Plattformen juristisch begegnet und dabei der Schulterschluss in der Musikbranche gesucht.

Am Ende aber entscheiden die Fans, ob und wo sie Karten auf dem Zweitmarkt kaufen und welche Risiken sie dabei eingehen. Diese Entscheidung ist nicht leicht, wenn „meine“ Band in die Stadt kommt und ich dabei sein will.

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Johannes Everke, BDKV

Foto: Christoph Mangler

Johannes Everke ist seit Januar 2023 Geschäftsführer des BDKV. Der Jurist und Kulturmanager war zuvor im Hamburger Stadtmarketing tätig mit den Schwerpunkten internationale Marketingkooperationen, Digitalmarketing und dem Thema Musikstadt. Der 52-jährige Familienvater kommt ursprünglich aus Süddeutschland und lebt seit zwanzig Jahren in der Hansestadt, wo er sich intensiv in der Branche engagiert sowie auch bundesweit, etwa beim deutschen Auftritt bei der SXSW in Austin.

BDKV – Der Bundesverband der Konzert- und Veranstaltungswirtschaft verbindet die deutsche Live-Entertainment-Branche und repräsentiert rund fünfhundert Veranstaltungsunternehmen, Agenturen und Gastspieldirektionen aus den Bereichen Konzert, Musical, Wort und Family Entertainment. Als Wirtschaftsverband bündelt und vertritt er die Interessen der Branche gegenüber der Öffentlichkeit, Behörden und der Politik, bundesweit und darüber hinaus – beispielsweise in den Bereichen Steuer- und Urheberrecht, internationale Handelsregeln, Tarifrecht der GEMA sowie Förder-/Hilfsprogramme. Zudem engagiert sich der BDKV für soziale und ökologische Nachhaltigkeit, Geschlechtergerechtigkeit sowie Nachwuchs- und Fachkräfteförderung.

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