Philipp Eisenblätter

Liebenswert-schräges Ruhrgebietsfeeling

22. Januar 2025

Lesezeit: 4 Minute(n)

Philipp Eisenblätter hat mit Rom ein raues, liebenswertes Singer/Songwriter-Album aufgenommen. Im Interview erzählt er über Inspirationen und seine Liebe zum Ruhrgebiet.

Interview: Wolfgang Weitzdörfer

Wie viel Ruhrgebiet steckt in Rom?

Eine ganze Menge würde ich sagen. Damit meine ich gar nicht mal den auf dem neuen Album enthaltenen Track „Duisburg-Lied“, sondern vielmehr das unausgesprochene, das zwischen den Zeilen rumspukende Ruhrgebietsfeeling. Ich bin überzeugt davon, dass man seine Heimat nie so ganz aus seiner Kunst raushalten kann. Wäre ich auf einer Ranch in Texas aufgewachsen, dann würde es andere Songs geben. Und andersrum steckt ja sogar viel Rom im Ruhrgebiet oder nicht?

Gutes Stichwort: Warum hast du dein neues Album Rom genannt?

Vielleicht weil ich noch nie in Rom war, quasi als Selffulfilling Prophecy zu verstehen. Vielleicht geht es aber eher um ein inneres Rom, um Wünsche und Ziele, um Träume und Begierden und das ewige Missverständnis, irgendwo ankommen zu müssen. Brenn alles nieder, bevor es dich auffrisst, und tanze im Ascheregen deiner Stadt …

Schreibst du autobiografisch oder fiktional?

Sowohl als auch, würde ich sagen. Alle meine Texte und Songs enthalten autobiografische sowie fiktionale Züge, wobei sich das Mischverhältnis stets unterscheidet – mal überwiegt die Fiktion, mal die Wirklichkeit, aber es ist immer beides drin in der Suppe.

Woher beziehst du deine Inspirationen für die Texte?

Meine Inspiration hole ich mir von überall her. Ich glaube, als Künstler hat man einen etwas anderen Blick auf die Dinge, die einem jeden Tag begegnen – wie es auch in meinem Lied „Mach einen Song draus“ heißt.

„An Schreibblockaden glaube ich nicht.“

Damit will ich allerdings nicht sagen, dass einem alles zufliegt und der Song sich quasi von alleine schreibt. Wichtig ist allerdings, dass man die Inspiration einlädt, sich der Dinge bewusst wird, die man erlebt. Es gibt Zeiten, in denen es einem leichter fällt als zu anderen, aber an Schreibblockaden glaube ich nicht, man weiß schließlich, was man braucht. Lesen, Musikhören, ins Theater oder Kino gehen, sich bewegen, das alles schadet nie.

Du gibst Neil Young und Bob Dylan als Vorbilder an – ich höre Twin-Peaks-artige Vibes heraus und auch etwas Tom Waits und Nick Cave. Also alles irgendwie liebenswert-schräg. Kannst Du damit leben?

Damit kann ich sogar sehr gut leben – ist gekauft! Dass Du neben Neil Young und Bob Dylan Tom Waits und Nick Cave erwähnst, freut mich sehr, da beide gerade in meinen Anfängen als Songwriter sehr präsent waren, mich quasi an die Hand genommen und mir nicht nur gesagt haben „Du bist gut, so wie du bist.“, sondern eher: „Hey, du bist ja cool!“ Also das, was man mit siebzehn sein möchte. Ich mochte ihre schrägen Gestalten, zu denen ich mich ein Stück weit auch zähle – also danke für das Kompliment.

Wie ist es zur Zusammenarbeit mit Stoppok gekommen, kanntet ihr euch vorher schon?

Wir kennen uns seit ziemlich genau sieben Jahren. Angefangen hat alles mit dem Musikvideo zu meinem Song „Duisburg-Lied“, das Stoppok auf Facebook lobend kommentierte. Ich habe ihn dann ein halbes Jahr später angeschrieben, mich noch mal für den Kommentar bedankt und ihn gefragt, ob er nicht einen Rat für mich hat, da es bei mir nicht mehr wirklich weiterging. Daraufhin hat er mich eingeladen, ihn noch in derselben Woche an zwei Abenden in der Gelsenkirchener Kaue zu supporten – ich war natürlich total begeistert und dankbar, das werde ich nie vergessen. Ein Jahr später hat Stoppok mir dann gesagt, dass er gerne mein neues Album produzieren möchte, es wurde also immer besser. Kurze Zeit später haben wir mit den Aufnahmen zu Rom angefangen, die dann durch die Coronajahre leider unterbrochen wurden. Aber letztendlich bin ich einfach nur sehr stolz auf das Album und die Zusammenarbeit mit Stoppok.

Wie kam es dazu, dass er auch fast alle Instrumente eingespielt hat?

Weil er das kann … Nein, im Ernst, ich habe mich voll und ganz auf den Gesang und meine Gitarrenparts konzentriert, und Stoppok ist nun mal Vollblutmusiker und Multiinstrumentalist – von daher brauchte es nicht mehr als uns zwei. Allerdings möchte ich noch erwähnen, dass Aino Löwenmark von Fjarill und Maureen Eisenblätter die Backing Vocals eingesungen haben, das haben wir dann doch nicht alleine hinbekommen.

Das Album ist während Corona entstanden. Hat sich die Pandemie irgendwie in den Songs niedergeschlagen?

Gute Frage. Ich selbst verbinde bei diesem Album eigentlich nichts mit Corona, da die Aufnahmen eher vor und nach der Pandemie entstanden sind – wenn ich mich recht entsinne.

Warum hast Du das „Duisburg Lied“ noch mal aufgenommen?

Weil wir einen waschechten Ruhrgebietstrack auf dem Album haben wollten und dieser Song nur auf meinem ersten Album Gaunerstück, das eher einer Demo-EP gleicht, enthalten ist. Die neue Version kommt etwas flotter daher und hat schon fast eine radiotaugliche Länge, zudem wollten wir zeigen: Wir kommen beide aus dem Ruhrgebiet.

Kannst du dir vorstellen, woanders zu leben als in Duisburg? 

Ich würde immer wieder heimkehren, aber mal woanders leben? Warum nicht!

Was macht den Reiz des Ruhrgebiets für Dich aus? Wie stehst Du zum MSV?

Ich mag die Leute hier im Ruhrgebiet. Es gibt den schönen Spruch: „Woanders is auch scheiße.“ Das trifft es ganz gut, wie ich finde. Das Ruhrgebiet hat seine Ecken und Kanten und versucht gar nicht erst zu glänzen, es weiß, was es kann, und ist bescheiden. So möchte man doch auch als Mensch sein. Der MSV ist dieses Jahr in die vierte Liga abgestiegen und bricht gerade alle Zuschauerrekorde – das würde es bei keinem anderen Verein geben, das sagt eigentlich schon alles über den Verein und die Stadt. Ich bin stolz, dass ich vor ein paar Jahren die Kampagne „Mein Herz schlägt numa hier“ – eine Zeile aus meinem „Duisburg-Lied“ – mitgestaltet habe und dass der Slogan jetzt endlich gelebt wird. Von daher: Nur der MSV!

www.philipp-eisenblaetter.de

www.youtube.com/@philippeisenblatter2230

Foto: C. Eisenblätter

Aktuelles Album:

Rom (Grundsound, 2024)

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