ā… Sie ist poetisch und steht Ć¼ber dem Wort.ā
āMusik hat kein Geschlecht. Sie ist poetisch und steht Ć¼ber dem Wortā, sagt Aino Lƶwenmark, 49, die schwedische HƤlfte des Hamburger Duos Fjarill. Und ihr sĆ¼dafrikanischer Counterpart, Hanmari Spiegel, 47, ergƤnzt: āMusik entsteht aus dem Augenblick; sie ist voller unterschiedlicher Stimmungen, Farben und Energien, die sich stƤndig Ƥndern und fĆ¼r uns intuitiv entstehen. Da geht es um Menschen, nicht um Geschlechter.ā
Was fĆ¼r die beiden Musikerinnen so selbstverstƤndlich ist, erleben sie im Alltag und seit Beginn ihrer musikalischen Karriere 2004 jedoch oft anders. āGenerell gibt es eine unterschwellige Gewohnheit zum Vorurteil gegenĆ¼ber Frauenā, sagt die SƤngerin und Pianistin Lƶwenmark. FĆ¼r die beiden āSchmetterlingeā (fjƤril auf Schwedisch) orientiert sich das traditionelle gesellschaftliche Frauenbild zu sehr an EmpfƤngnis und FĆ¼rsorge. Entspreche man dem nicht, gelte man gleich als egoistisch. āWenn man sich als Frau durchsetzen will und muss, gilt das oft als Zeichen, launisch und schwierig zu sein. Man wird dann schnell als Diva bezeichnetā, weiĆ Violinistin Spiegel.
So haben die beiden KĆ¼nstlerinnen gerade im Umgang mit Technikern bei BĆ¼hnenaufbau und Tonabstimmung immer wieder Gegenwind erfahren. Oft wurden sie nicht ernst genommen. Einer der grƶĆten Kritikpunkte am aktuellen Frauenbild ist fĆ¼r sie jedoch, dass Frauen oft nur unter dem Gesichtspunkt der Schƶnheit betrachtet werden. āEs gibt kaum Frauenbands, bis auf die FrontsƤngerin sind meist alle Musiker MƤnnerā, so Lƶwenmark. Das gƤngige Frauenbild fĆ¼hre auch dazu, dass die Frauen sich selbst falsch sƤhen und viel zu schnell nachgƤben. Hanmari Spiegel: āWir wollten einfach Musik machen und haben oft fĆ¼r wenig Geld gespielt.ā Wie viele Frauen tat sich auch das Duo lange Zeit schwer, fĆ¼r die eigenen Interessen deutlich einzustehen und etwa hart um Gagen zu verhandeln. āEs ist wichtig zu lernen, GeschƤftsfrau zu seinā, mahnt Lƶwenmark. āMƤnner kƶnnen viel leichter das Emotionale vom GeschƤftlichen trennen.ā
Ein Grund fĆ¼r die ZurĆ¼ckhaltung der Frauen mag aus Sicht der Hamburgerinnen auch ihr grƶĆeres EinfĆ¼hlungsvermƶgen, ihre grƶĆere SolidaritƤt sein. āFĆ¼r Frauen ist von Natur aus jeder Tag anders, deshalb sind sie flexibler und suchen viel mehr den Dialog mit sich und der Umweltā, ist sich Lƶwenmark sicher. Das FĆ¼rsorgliche werde in der Gesellschaft jedoch hƤufig eher negativ bewertet. Ein weiteres groĆes Problem sehen die beiden in der noch immer hƤufig nicht bestehenden finanziellen Gleichstellung mit MƤnnern, die oft dazu fĆ¼hre, dass Frauen sich eher um die Kinder und den Haushalt kĆ¼mmerten. āGeld bedeutet Freiheit, gerade fĆ¼r Frauenā, fĆ¼gt Spiegel hinzu. Die Musikerinnen machen sich daher auch fĆ¼r ein Grundeinkommen und hƶhere Gagen fĆ¼r Frauen stark. Zudem sollte es mehr Festivals nur fĆ¼r Frauen geben und bei der Besetzung von Festivals grundsƤtzlich eine Frauenquote eingefĆ¼hrt werden. āFestivals mit neunzig Prozent MƤnneranteil sollte man boykottierenā, fordert Lƶwenmark. Ob Gendern ein Mittel zur Geschlechtergerechtigkeit sein kƶnne, sind die beiden KĆ¼nstlerinnen skeptisch. Die Diskussion begrĆ¼Ćten sie, aber es werde dann mehr zu einem Kampf. Hanmari Spiegel: āIch glaube nicht, dass sich dadurch das Verhalten Ƥndert; ein wirklicher Wandel muss tiefer in der Bildung stattfinden.ā
Ā Erik Prochnow
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