„Zum 25-jährigen Jubiläum präsentieren die 17 Hippies ihr Album 9.000 Nächte mit zahlreichen Sternstunden ihres bisherigen Schaffens!“ So zumindest die Ankündigung zur aktuellen Konzertreihe der Berliner Band, wobei offensichtlich die beiden Coronajahre gar nicht mitgezählt wurden. An die fünfhundert Menschen wollten sich das nicht entgehen lassen, wie die Bandmitglieder meist um die fünfzig Jahre alt – oder, so wie eben all die ehemaligen „Hippies“ unter uns, grob geschätzt das eine oder andere Jahr darüber.
Text und Fotos: Matti Goldschmidt
Wie Kiki Sauer (Akkordeon, Flöte, Gesang), eines der Urgesteine der Gruppe und somit von Anfang an dabei, dem Publikum mitteilte, ist München die Stadt, in der die 17 Hippies nicht nur ihr erstes Konzert überhaupt außerhalb Berlins spielten, über das letzte Vierteljahrhundert traten sie auch an keinem anderen Ort auf so vielen verschiedenen Bühnen beziehungsweise in so vielen unterschiedlichen Konzerthallen auf. Wie eben aktuell im Technikum mit 450 Quadratmetern Veranstaltungsfläche als Teil des Werksviertels-Mitte am Münchner Ostbahnhof, wo bis zu Beginn der Neunziger noch Kartoffelpüree von Pfanni produziert wurde. Heute ist daraus ein außergewöhnliches Stadtquartier geworden – mit jeder Menge Raum für Kreativität, Musik, Kunst, soziales Engagement, Sport, Unterhaltung, Essen, Trinken und Tanzen; und mit noch mehr Platz für neue Ideen und nachhaltige Zukunftsprojekte. Dass das Münchener Publikum außerdem um einiges „sexyer“ sei als das Berliner, so eine weitere Ansage, kann an nichts anderem liegen als dem alpinen und somit aus dem Süden kommenden Fallwind, im lokalen Idiom schlicht „Föhn“ genannt.
Letztlich sind es genau diese Ansagen zwischen den einzelnen Stücken, immer wieder von verschiedenen Bandmitgliedern vorgetragen, die mehr als nur einen Bezug zwischen Publikum und Band herstellen, ja, fast schon eine harmonische Nähe kreieren – so, als ob längst eine intime Freundschaft bestehen würde. Musikalisch deckt die Gruppe – von der festen Besetzung von derzeit zwölf Musikern und Musikerinnen waren immerhin zehn mit in München auf Tour –, eine überraschende Bandbreite ab, die von wunderbaren folkloristischen Sequenzen über Rock bis zu jazzigen, nahezu psychedelischen Einlagen reicht. Nicht zu vergessen das nicht mehr wegzudenkende Brassquartett mit Antje Henkel, Uwe Langer, Benjamin Ostarek und Paul Brody, das dem Sound der Gruppe weitaus mehr als nur den letzten Schliff zu geben vermag. Der Wechsel von tonangebenden musikalischen Leitern spiegelt sich auch in den zum Teil recht unterschiedlichen Stilrichtungen der einzelnen Stücke wider. So etwa mit Volker „Kruisko“ Rettmann (Akkordeon), einem weiteren Hippieurgestein – mit einem Repertoire, das angeblich wie „die unerreichbare Weite der Nordsee“ ist –, oder dem in Manila gebürtigen Christopher Blenkinsop (Gitarre, Bouzouki).
Zwei Stunden Weltmusik animierte das Publikum zum Klatschen für mehrere Zugaben, auch wenn – sicher als Zugeständnis an moderne Zeiten –, die Blumen im Haar fehlten. Papa John Phillips kam in den Sinn – „Be sure to wear some flowers in your hair …“ –, und auch die damals so populäre „liquid light show“ fehlte. Nicht zu eruieren war schließlich, ob die einzelnen Orte der Tour mit einem Bus im Stile der Merry Pranksters angefahren wurden. Wie auch immer, das Konzert war zu keinem Augenblick langweilig und hätte sicherlich noch mehr Publikum und damit auch eine noch größere Halle verdient.
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Lieber Matti, wir arbeiten dran. Diese Funktion wird es bald geben.
Herzliche Grüße Andrea