Am letzten Freitag im April fand bereits zum fünfzehnten Mal die Veranstaltung Folk am Fluss statt – wie gewohnt umsonst und draußen, familiär und überschaubar. Treffpunkt ist das „Königliche Schleusenwärterhäuschen“ im Ruhrtal bei Witten. Die klingende Eröffnung übernahm wieder Björn Frauendienst, diesmal mit drei weiteren Dudelsackspielenden. Sie boten auch optisch eine gelungene Präsentation. Für den Wittener „Ruhrpiper“ gehört außer „Amazing Grace“ und „Muss i denn“ selbstverständlich die Hymne der Region, das „Steigerlied“, ins Programm. Schließlich liegt die Wiege des Ruhrbergbaus hier „umme Ecke“.
Text und Fotos: Almut Kückelhaus
Hauptattraktion war die fünfköpfige Formation Stout ’n’ Maggie, hervorgegangen aus dem Duo Stout und der Ratinger Band Drowsy Maggie, der wegen eines Auslandsaufenthalts der Gitarrist temporär abhandenkam. Die Fünf passen gut zusammen und fanden auch durch ihre lockere Präsentation großen Anklang.
Mario Kuzyna (Gitarre, Knopfakkordeon) und Simon Scherer (Banjo, Mandoline) sind als Stout schon seit 2013 in der Mission unterwegs, den Irish Folk der Kneipenvariante zu entstauben. Schlüssel zu ihrem beachtlichen Erfolg ist, dass beide instrumental ebenso wie gesanglich sehr stark sind. Vielseitigkeit ist auch das Thema von Alex Otto (Akkordeon, Bass, Gesang) und Sebastian Zimmermann (Geige, Bass, Gesang). Schlagzeuger Christoph Zimmermann bringt neben dem Groove einigen Variantenreichtum ein. Ihre Band Drowsy Maggie bezeichnet den eigenen Stil als „Nu Trad“. Das gemeinsame Projekt der beiden Formationen ist erst wenige Monate alt und bekommt hoffentlich die Chance, weiter zusammenzuwachsen und große Bühnen zu rocken. Stout haben auch für die Fünferbesetzung livetaugliche Arrangements geschaffen, die trotzdem differenziert sind.
Zu hören gab es Irisches und Schottisches wie etwa „Farewell To Carlingford“ oder „The Bonnie Ship The Diamond“, die auch auf dem neuen Stout-Album zu finden sein werden. In den nächsten Wochen gehen die beiden ins Studio, wo der dritte Tonträger aufgenommen werden wird. Ein Höhepunkt war sicher „The Star Of the County Down“ als hinreißende Swingnummer. Das Programm ließ aber auch Raum, um die solistischen Fähigkeiten der einzelnen Mitglieder zu zeigen und bei Instrumentalstücken richtig loszufetzen. Natürlich wurde das Publikum bei passender Gelegenheit zum Mitmachen durch Klatschen und Singen animiert, sodass vor dem Bühnenpavillon Bewegung aufkam. Letzte Zugabe war „Whiskey In The Jar“ – aber in einer wunderschönen Balladenfassung.
Mit Anbruch der Dämmerung wurden großen Scheite in der Feuerschale entzündet. Es blieb trocken, was in vergangenen Jahren nicht immer so war. Stimmung und allgemeine Zufriedenheit waren auch dank des breiten gastronomischen Angebots gut. Es werden wohl an die fünfhundert Leute gewesen sein, die vorbeigeschaut haben. Anders als im Sommer gibt es im April noch keine Übersättigung an Open-Air-Konzerten und es drängt viele hinaus in den Frühling. So geriet das Treffen an der Herbeder Schleuse zu einer Werbeveranstaltung für Folkmusik. Und das ist durchaus beabsichtigt. Da sich das Wiesengelände am Ruhrtalradweg realistischerweise gar nicht einzäunen ließe, kann jede und jeder teilnehmen, was angesichts der Armutsquote im Ruhrgebiet keine schlechte Idee ist.
Dass der Abend ein Erfolg war, zeigte auch das erfreuliche Ergebnis der Hutsammlung. Die Auftretenden bekommen feste Gagen, aber ohne Finanzpolster ließe sich kaum vorausplanen. Lilo Dannert vom Club Wittenfolk legt Wert darauf, dass die auftretenden Bands möglichst aus der Region kommen. Dies hat sich ebenso bewährt wie der Schwerpunkt auf keltischer Musik. Kernidee war die Zusammenarbeit des Folkclubs mit dem sozialen Beschäftigungsträger Wabe, der im Schleusenwärterhäuschen einen Imbiss betreibt und die Verpflegung übernimmt. Nützlich sind die Kontakte von Lilo Dannert, die wie einst ihre Vorgängerin Hildegard Doebner, nicht nur dem Folkclub vorsteht, sondern auch seit Langem für die Grünen im Wittener Stadtrat sitzt. Weitere Aktivitäten des Folkclubs sind für 2024 erst mal nicht geplant. Aber im kommenden Jahr steht ein Jubiläum an: 2005 wurde der Wittener Folkclub, einst einer der ersten und einflussreichsten in Deutschland, neu gegründet. Und es gibt keinen Grund, die erfolgreiche Serie „Folk am Fluss“ nicht weiterlaufen zu lassen.
0 Kommentare