WOMEX 24

Branchenhotspot zu Gast in England, Manchester Central, Manchester, 24.-26.10.2024

20. Dezember 2024

Lesezeit: 3 Minute(n)

Ihr dreißigjähriges Bestehen feierte die „Worldwide Music Expo“ in Manchester, UK. Nicht zum ersten Mal war die britische Insel der Hotspot für das Branchentreffen: 2013 war es Cardiff in Wales gewesen. Der Brexit hat inzwischen manches verändert: Bei der Einreise am Flughafen Manchester navigierte britisch-beherztes Bodenpersonal die langen Schlangen souverän an den jeweils richtigen Schalter: „Take this way, my love!“ Im Regionalzug, der vom Flughafen etwa dreißig Minuten in die Innenstadt braucht, begrüßt eine freundliche Frauenstimme die Reisenden zweisprachig: „Manceinion“ ist walisisch für „Manchester“. Geopolitisch liegt Manchester in Yorkshire, und die Einwohner nennen sich „Mancs“. Mit fast 600.000 Menschen ist die Stadt im Nordwesten eine der größten Metropolen Englands, was man beim Spaziergang durch die gemütliche Innenstadt kaum spürt.

Zum Artikel „WOMEX. Seit dreißig Jahren der Nabel globaler Klänge“ geht es hier.

Text: Petra Rieß, Fotos: Eric van Nieuwland

Die WOMEX fand im Kongresszentrum Manchester Central statt. Ende des 19. Jahrhunderts wurde das Gebäude als erster großer Bahnhof für den Nordwesten Englands gebaut – die Stahlträger, Backsteinfassaden und historisch-markante Uhr am Eingang verbinden die Vergangenheit mit moderner Architektur der Gegenwart. Der perfekte Ort für ein internationales Musikmeeting. 2.850 Fachleute waren angereist, darunter 290 darstellende Künstler und Künstlerinnen aus 118 Ländern. Mehrere hundert Labels, Verlage und Vertriebe, Festivalmachende sowie nationale und internationale Medienmenschen trafen sich in den Cafés, diskutierten bei den 20 Konferenzen und Workshops oder abends den 61 Showcase-Acts mit Musikschaffenden aus 45 Ländern. Nach den Messerangriffen drei Monate zuvor in Southport waren die Sicherheitskontrollen an den Eingängen der insgesamt sieben Bühnen auffallend streng.

In der Messehalle war dieses Jahr auch Deutschland nach vielen Jahren wieder vertreten. „Meet the Germans“ hieß der Stand, den die Initiative Musik Deutschland, eine zentrale Fördereinrichtung und Plattform für Musik und Popkultur, aufgebaut hatte. Analog zu Ländern wie der Schweiz, Frankreich, Spanien, Tschechien oder Italien haben Labels und Agenturen so die Möglichkeit, sich kostengünstiger mit ihren Musikschaffenden und Bands zu präsentieren. Jeder, der zur WOMEX fährt, ob Agentur oder Journalist, muss eine Anmeldegebühr zahlen, und ein eigener Stand ist teuer. Im Vergleich allerdings ist die WOMEX mit ihren „Global Beats“ eher gemütlich. Es geht teurer und größer, zum Beispiel bei der jährlich in Cannes stattfindenden Midem, der weltgrößten Musikmesse mit rund 10.000 Fachbesuchenden.

WOMEX Artist Award für Hermeto Pascoal, der per Video zugeschaltet wurde

Wie andere Gastgeberstädte zuvor hatte auch Manchester am ersten Abend vor dem offiziellen Messebeginn eine Begrüßungsgala organisiert. Begeistert hat dabei besonders die Gebärdendolmetscherin, die live auf der Bühne nicht nur die offiziellen Ansprachen, sondern auch die Bands (lokale Jungstars) und ihre Liedtexte simultan übersetzte. Schon längst setzt auch die WOMEX auf Werte wie Diversität, Integration, Nachhaltigkeit und Awareness. In den Konferenzen wurden Fragen nach der digitalen Zukunft von „World Music“ gestellt – „The Future of Folk“. Die „Education Networking Session“ richtete sich an jene, die mit Musikunterricht oder Förderung zu tun haben. Eine andere Session untersuchte, wie sich Kriege auf das musikalische Leben einer Region auswirken. Kann die Musikindustrie hier helfen? Ein weiteres spannendes Thema war „Afrobeats Goes Global“ – viele jüngere Teilnehmende diskutierten darüber, wer oder was Afrobeats sind, welchen Einfluss die sozialen Medien auf die weltweite Verbreitung schwarzafrikanischer Musik haben und ob sie das Selbstverständnis eines ganzen Kontinents überhaupt abbilden können. „Empowerment“ war auch hier ein Schlüsselwort.

WOMEX Professional Excellence Award für In Place of War

Spannend und für die Branche wichtig waren natürlich die über 60 Showcases. Jeweils 45 Minuten haben die Acts für ihren Auftritt. Das muss genügen, um Festivalmachende, Agenten oder Labels zu begeistern. Die drei Veranstaltungsorte mit ihren insgesamt sieben Bühnen waren bis tief in die Nacht mit einem Shuttleservice verbunden. Zwischen Electronica, Clubsounds und akustischen Folkklängen gab es alles. Zum Beispiel Sara Curruchich und ihre Band. Mit ihr trat zum ersten Mal eine Künstlerin aus Guatemala auf der WOMEX auf. Auch der Auftritt des legendären Orchestra Baobab, das mit einer neuen Besetzung sein fünfzigjähriges Bestehen feierte, war ein Highlight der diesjährigen Ausgabe.

Am letzten Tag werden traditionell die WOMEX Awards vergeben. Ausgezeichnet wurden (in Abwesenheit) Hermeto Pascoal aus Brasilien mit dem Artist Award und In Place Of War (IPOW) mit dem Professional Excellence Award.

Es ist unmöglich, alles auf der WOMEX zu entdecken. Es gibt ein Filmprogramm mit einer handverlesenen Auswahl von in diesem Jahr 18 Musikdokumentationen. Es gibt die WOMEX Academy, wo sich internationale Netzwerke neu bilden. Oder das WOMEX-Radiostudio in Partnerschaft mit der Europäischen Rundfunkunion (EBU), NRK (Norwegen) und der BBC (UK). Edd Batemann (World Music Method, London) sagte: „Welche Kontakte Sie auch immer knüpfen wollen, auf der WOMEX werden Sie sie finden.“

www.womex.com

Sara Curruchich

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