Wolfgang Ambros „philosophiert“, heißt es in einem der Jubeltexte anlässlich des Erscheinens seiner mit dem Ghostwriter Bernhard Salomon verfassten Autobiografie. A Mensch möchte i bleib’n lautet der Titel, einer seiner Hits und zudem sein Anspruch an das Leben. Ambros hat gerade seinen siebzigsten Geburtstag gefeiert und wird in Österreich gehörig hochgelobt. Für viele Ösis bleibt er der „Wolferl“. Wohl auch, weil seine besten Jahre längst vorbei sind. Er selbst sieht sich als Rockstar, aber Rock hat er nie gemacht. Mit einem von Joesi Prokopetz geschriebenen Text „Da Hofa“ gelang ihm 1971 der Durchbruch auf der damaligen „Dialektwelle“. Nun, er ist immer noch da, aber er erfreut sich seines Lebens nicht. Gesundheitlich schwer angeschlagen, philosophiert der Nachfolger von Kant und Sloterdijk über Schuld und Sühne. Die immer wieder variierten Lieblingsfragen des Barden bei jedem Schicksalsschlag lauten: „War das ausgleichende Gerechtigkeit? Schuld? Schicksal?“ Auf diesem Niveau der hohen Luft möchte man nicht mit ihm streiten, wohl aber ins Feld führen, dass Wolferl lange genug im Business ist, um, statt Schicksalsfragen aufzuwerfen, einmal tatsächlich die Niederungen und Widerwärtigkeiten der österreichischen Szene mit Namen nennt. Aber das verhütet die österreichische Freunderlwirtschaft. Mit der will man sich gut stehen, auch wenn sie das größte Hindernis beim Menschbleiben ist.
Harald Justin
WOLFGANG AMBROS:
A Mensch möcht i bleib’n : Mein Leben zwischen Schuld u. Schicksal. – Wien : edition a, 2022. – 208 S.
ISBN 978-3-99001-534-6 – 24,00 EUR
Bezug: edition-a.at
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