Vom ersten Ton spürt man ihre Liebe für die Bühnen des Cabarets, des Varietés und des Theaters, auf denen die Schwarzwälderin seit Jahren aktiv ist. So vermittelt der Studionachfolger ihres gefeierten Erstlingswerkes Neo Noir sofort ein intensives Livefeeling. Man kann Ganter förmlich vor sich singen und tanzen sehen, als ob sie einen direkt im Publikum anspricht. Auch wenn sie sich gerne von der Epoche der späten 1920er inspirieren lässt, wie etwa beim Song „Josephine Baker“, hat die 38-Jährige ihren ganz eigenen Stil aus Chanson, Cabaret Noir, Pop und Singer/Songwriter geschaffen. Wie nur wenige beherrscht sie dabei die Kunst, in viele verschiedene Rollen zu schlüpfen und immer authentisch zu bleiben. Gesanglich, musikalisch und auch textlich ist der Wandel das entscheidende Thema auf diesem Album. Nichts ist vorhersehbar, wie im Leben enden Dinge, damit etwas Neues beginnen kann. In und zwischen den Songs spielt Ganter gekonnt mit Brüchen, Sprache und Genres. So besingt sie in „So leichtfüßig“ gleich mit einer hypnotisierenden Leichtigkeit die Normalität des Todes. Aber auch die Reflexionen über Beziehungen oder das Auf und Ab des alltäglichen Lebens kommen als atemberaubende Ballade daher wie in „Zwei Erbsen“, verströmen Zirkusatmosphäre wie in „Nicht zu Fassen“ oder münden in ein mitreißendes Duett mit der Tuba wie im genialen Crossoversong „Sie“. Ein exzellent gesungenes Album mit einer tiefsinnigen Poesie, die zum Nachdenken und Entdecken anregt.
Erik Prochnow
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