Die Sängerin Noemi La Terra ist Kind sizilianischer Eltern und wuchs zweisprachig in Deutschland auf. Mit ihrer Gruppe Zàgara – Daniel Nikolas Wirtz (Gitarre), Hans-Richard Ludewig (Akkordeon) und Dietrich Züllner (Cello, Kontrabass) – begibt sie sich auf den Weg zu ihren Wurzeln. Wer schmachtende Stimmen oder aktuelle, archaische Sounds mit Friscalettu-Flötchen und arabischen Einflüssen erwartet, liegt hier falsch. Auf Naufragium halten die Musiker eine akkurate, gefühlvolle Zwiesprache mit der ausdrucksvollen Stimme der Sängerin. Im Sizilien ihrer Ahnen hatten nur starke Gefühle Platz: die verlorene Liebe, die Tränen Auswandernder oder die Sehnsucht eines Häftlings nach Freiheit. Da können nur der Große Gott im Himmel – und selbstverständlich auch Bacchus – helfen. Wenn die Schwefelminenarbeiter zur Wehklage ansetzen, unterbrechen die Musikschaffenden diese mit einer Free-Jazz-Einlage. Und die Frauen in „Aiamolo“ flehen in ihrem Stoßgebet Gott an, dass ihre Thunfischfangmänner wieder heil von hoher See zurückkehren. Das Lied endet mit einer jazzigen Klimax. Noemi La Terra bringt mit jedem Wort die Verzweiflung der Menschen zum Ausdruck – und wir genießen die Musik in der warmen Stube.
Martin Steiner
0 Kommentare