„Moonshine“ meint eigentlich einen schwarzgebrannten Whisky, eine „Bourgeois town“ bezeichnet eine rassistische Stadt und der „Hound Dog“ ist ein untreuer Liebhaber. Doppeldeutige Ausdrücke und Texte sind eine der vielen faszinierenden Seiten des Blues. Die Bluessongs sind voll von Anspielungen und Wortspielereien. Menschen in Europa verstehen die Texte allerdings oft nur zum Teil – und verpassen dabei interessante Botschaften. Der dicke Wälzer von Robert Cremer hilft hier: Jahrzehntelang hat er Bluesmusiker interviewt und viel über die wahren Textinhalte erfahren. Der Autor beschreibt in zwölf Kapiteln die unterschiedlichen Themen, die der Blues behandelt, und die darin versteckten sprachlichen Botschaften – von Sexualität und Alkohol bis Voodoo und Rassentrennung. Der Hauptteil des Buches ist ein alphabetisch sortiertes Verzeichnis von im Blues verwendeten Ausdrücken. Dies ist ein Nachschlagewerk, in das man schaut, wenn einem ein Bluestext unverständlich oder zweideutig vorkommt. Abgerundet wird das vorwiegend mit Schwarz-Weiß-Fotos illustrierte Buch durch Literaturtipps und eine Diskografie. Das Werk ermöglicht ein tieferes Verständnis der Bluessongs. Zugleich weist es auf eine weitere wichtige Dimension beim Blues hin: Viele Vertreter des Genres sind großartige Sprachkünstler und jonglieren gekonnt, kreativ und oft humorvoll mit Wörtern und Geheimcodes.
Udo Hinz
ROBERT CREMER: Die Geheimsprache des Blues : d. wahre Bedeutung der Songtexte / mit e. Vorw. von Bobby Rush. – Zürich : Ed. Olms, 2022 – 844 S., mit Fotos u. Abb.
ISBN 978-3-283-01316-5 – 49,95 EUR
Bezug: edition-olms.com
0 Kommentare