Es ist die Stimme, die dieses Album so besonders macht. Die „Gälische Sängerin des Jahres 2021“ Kim Carnie singt in einer besonderen Mischung aus samtenen und leicht rauchigen Tönen, gepaart mit ein wenig Jungmädchenhaftigkeit. Dieser Klang passt wunderbar zu den sechs gälisch-traditionellen und vier englischsprachigen Stücken, letztere ausnahmslos Eigenkompositionen mit Ohrwurmcharakter. Ein solch wunderbarer Gesang nützt rein gar nichts, wenn er nicht richtig in Szene gesetzt wird. Diese Sorge braucht man bei Carnie nicht zu haben, und das fängt bereits bei der langen Liste musikalischer Unterstützung an. Die Band besteht aus Celtic-Connections-Direktor Donald Shaw (Capercaillie; Piano, Harmonium), Begleiter par excellence Innes White (Gitarre, Mandoline, Vocals), James Lindsay (Breabach; Kontrabass) und James MacKintosh (Shooglenifty; Percussion). Wenn man dann noch die erste Liga der weiblichen Gälisch-Sängerinnen wie Julie Fowlis, Karen Matheson, Kathleen MacInnes und Megan Henderson plus Calum MacCrimmon dazurechnet, dann fragt man sich staunend, wie ein junges Mädchen aus Oban eine solche insgesamt dreißigköpfige Truppe zusammenbekommen hat, und weiß zugleich, dass da ganz und gar nichts mehr schiefgehen kann. Zumal Shaw als Produzent die Fäden zusammenhält und gemeinsam mit Carnie und White für die sublimen und geschmackvollen Arrangements zuständig ist. Schließlich gibt es zusätzlich noch sechs Gastmusiker (ganz geschmackvoll das „gälische“ Saxofon von Matt Carmichael) plus das Scottish Session Orchestra. Wenn diese Streicher mal dezent, mal dramatisch zum Einsatz kommen, dann klingt das wie ganz großes Kino. Kein Wunder also, dass Kim Carnies leicht melancholisches, manchmal verschmitzt lächelndes Solodebüt gleich mit dem Preis der deutschen Schallplattenkritik ausgezeichnet wurde. Carnie ziert momentan als Frontsängerin die Bands Mànran und Staran. Vielleicht nicht mehr allzu lange, wenn man diesen überzeugenden Soloausflug hört.
Mike Kamp
Foto oben: Elly Lucas
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