Die vielen Monate ohne Konzerte und Tourneen sind für einen Künstler wie Konstantin Wecker, der das Bad in der Menge liebt, den Kontakt zum Publikum genießt, eine große Herausforderung. Da Musikmachen sein Leben ist, hat er sich schnell entschlossen, Livestreams zu produzieren. Zwischen dem letzten Auftritt und dem ersten Stream lagen im März 2020 keine zwei Wochen. Parallel dazu hat er sich mit der Pandemie und den politischen Entscheidungen dazu beschäftigt und sich immer wieder eingemischt. Diese Statements, Reflexionen und Berichte sind in seinem Buch versammelt. Mit Inbrunst und Leidenschaft plädiert er für seine anarchistischen Überzeugungen und für den Wert und die Bedeutung von Poesie, Musik und Kunst. Interessant, wie er, dessen politische Analysen und Stellungnahmen sich immer wieder um die Begriffe „die Mächtigen“, „die Herrschenden“, „Widerstand“ und „Gehorsam verweigern“ kreisen, sich auf einmal mit Erwartungen konfrontiert sah, die er weder erfüllen konnte noch wollte. Von Menschen, die sich ebenfalls diesen eher allgemeinen politischen Kategorien verbunden fühlten, aber in der Pandemiebeurteilung zu völlig anderen Schlüssen kamen – Querdenker meldeten sich bei ihm. Auf einmal wurde er als Verräter wahrgenommen und als gekauft. Er hält vehement dagegen und verteidigt seine antifaschistische Grundüberzeugung. Die dokumentiert er auch im Erinnern an Esther Bejarano und Paul Wulf. Ein sehr persönliches und sehr politisches Buch, anregend, auch wo man ihm nicht folgt.
Rainer Katlewski
Konstantin Wecker: Poesie und Widerstand in stürmischen Zeiten : ein Plädoyer für Kunst und Kultur / Mitarb.: Michael Backmund. – München : Kösel, [2021]. – 174 S.
ISBN 978-3-466-37278-2 – 14,00 EUR
Bezug: koesel.de
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