Anker für die Seele
Da geht das Herz auf. Das Indiefolkduo kehrt nach der gefeierten rockigeren und funkigeren Reise der vergangenen Jahre zu seinen Akustikwurzeln zurück. Aufgenommen im eigenen Wohnzimmer auf San Juan Island im Bundesstaat Washington an der Westküste der USA ist Mandy Fer und Dave McGraw ein musikalisches Juwel gelungen. In einer Welt des Aufruhrs laden ihre zwölf intimen Songs geradezu ein zum Träumen, Entspannen und Krafttanken. Ihre gefühlvollen Melodien und ihr wunderbarer harmonischer Gesang nehmen die Zuhörenden mit auf eine Reise in die beeindruckende Natur der Pazifikküste und zu sich selbst. „Wie die Insel, auf der wir leben, sollen diese Songs ein ruhiger Anker sein in einem manchmal tobenden Ozean“, beschreibt McGraw die Stimmung von Archipelago. In der Tat sind die poetischen Texte mit ihrer starken Bildsprache Balsam für die Seele. Sie lassen Tränen fließen und verströmen gleichzeitig das Gefühl von Freiheit und Geborgenheit. Es sind vor allem die sanften, berührenden Stimmen der beiden, die die neuen Lieder tragen. So setzt Fer ihr exzellentes E-Gitarrenspiel sehr behutsam ein.
Längst hat sie sich mit ihren versierten Soli zu einer der gefragtesten E-Gitarre-Spielenden in einer meist noch von Männern dominierten Sparte entwickelt. Regelmäßig tourt sie als Leadgitarristin für Amos Lee, Allison Russell oder Brandi Carlile. Auf Archipelago zeigt sie ihr vielseitiges Können auch auf der Akustikgitarre, dem Banjo oder der Fiddle. McGraw übernimmt neben den Akustikgitarren wie gewohnt die Percussion. Man hört dem Duo in jedem Lied die tiefe Verbundenheit an, in der Stimmen und Instrumente ganz natürlich und intuitiv ineinanderfließen. War das Vorgängeralbum, Sway Wild, geprägt von kräftigen E-Gitarrensounds und Bläsern, begeben sich Fer und McGraw zur Stimmung ihrer frühen beeindruckenden Alben Seed Of A Pine und Maritime zurück. Musikalisch und innerlich gereifter, entwickelt ihre Musik mit Archipelago jedoch eine Tiefe, die bezaubert und einen auf sich selbst zurückwirft. Das Album ist wie eine Insel, die man nicht mehr verlassen möchte.
Erik Prochnow
Foto Aufmacher: Laura Anders







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