„Cowboy“ Bob Wills dürfte sich spätestens in dem Moment im Grab umgedreht haben, als die Performance-Künstlerinnen von Pussy Riot symbolisch mit Wasser auf ein Bildnis von Wladimir Putin urinierten. Der Auftritt der russischen Musikerinnen und Aktivistinnen im legendären Cain’s Ballroom anlässlich der Verleihung des diesjährigen Woody-Guthrie-Preises an sie bildete den Höhepunkt der Veranstaltungen zum zehnjährigen Bestehen des Woody Guthrie Centers am ersten Maiwochenende in Tulsa, Oklahoma.
Die renommierte Auszeichnung wird jedes Jahr an Kulturschaffende verliehen, die im Geiste Woody Guthries durch Musik, Film, Literatur, Tanz oder andere Kunstformen „auch für die weniger Glücklichen sprechen“ und sich damit für einen positiven Wandel einsetzen. Im Andenken an den namensgebenden US-Folkmusiker wird der Preis seit 2014 vom Guthrie Center verliehen. Zu den Preisträgern der Vorjahre zählen unter anderem Bruce Springsteen, Joan Baez, Mavis Staples und Pete Seeger.
Nora Guthrie sagte bei der Überreichung des Preises, dass es sich bewusst nicht um eine glänzende Statue aus Gold oder Kristall handele, sondern um eine „etwas ramponierte Gitarre, die viele Kämpfe und inspirierende Proteste hinter sich hat. Genau dafür stehen auch Pussy Riot mit ihrer Kritik an Putin, der Forderung nach Einhaltung der Menschenrechte in Russland und der Verurteilung des Angriffs auf die Ukraine.“ Guthrie zitierte ihren Vater mit den Worten: „Es ist mir egal, wie gut die alten Zeiten für dich waren. Sie sind nicht gut genug für mich. Und wir sind heute Abend hier, weil sie auch für Pussy Riot nicht gut genug sind.“ Sie fühle sich geehrt, den Preis „an die dynamischen, inspirierenden, aufmunternden, unverschämt mutigen, entschlossenen, manchmal furchterregenden, großmäuligen, talentierten, tapferen und schönen Künstlerinnen von Pussy Riot zu verleihen.“
Nora Guthrie hob gleichzeitig hervor, dass in den USA Kulturschaffende zwar nicht ins Gefängnis geworfen würden, es jedoch eine lange Geschichte von Unterdrückung und Zensur gäbe und viele gerade in jüngster Zeit „auf vielfältige Weise zum Schweigen gebracht werden – aus Furcht vor einer neuen Welt und vor neuen Ideen“. Pussy-Riot-Sängerin Nadya Tolokonnikova, die nicht mit ihren Kolleginnen vor Ort sein konnte, bedankte sich per Videobotschaft: „Ich möchte euch dafür danken, dass ihr Pussy Riot diesen Preis gebt. Es ist eine große Ehre für uns. Ich weiß: Wenn wir zusammenkommen, können wir das Böse besiegen. No pasaran!“ Da der Spot aus technischen Gründen nicht live vor dem Konzert eingespielt werden konnte, fasste Nora Guthrie Tolokonnikovas Dank mit einem weiteren Zitat ihres Vaters zusammen: „All you fascists are bound to lose.“
Zum Woody Guthrie Center und Archiv siehe auch den Artikel.
Foto: Pussy Riot mit Nora Guthrie bei der Verleihung des Woody-Guthrie-Preises_Courtesy of Woody Guthrie Center
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