Er war nicht so berühmt wie Rory Gallagher oder Gary Moore. Und doch wird er in seinem Heimatland gerne, wenn nicht in einem Atemzug mit den beiden, so doch nach nur kurzer Atempause genannt. Johnny Fean war ein Pionier der irischen Blues- und Folkrockszene, als es in den Siebzigerjahren auf der Insel noch wenige nennenswerte E-Gitarristen gab. Sein bekanntester Beitrag zur (irischen) Musikgeschichte dürfte der aus dem Traditional „O’Neill’s March“ entwickelte Gitarrenpart zum Song „Dearg Doom“ der Horslips sein, der zu so etwas wie dem Markenzeichen der Band wurde.
Mit der Erfahrung aus zahllosen Sessions in Limerick und Clare, bei denen er sich ein umfangreiches traditionelles Repertoire erspielt hatte, sowie einem Faible für Blues stieß Fean 1972 als letztes Mitglied zur fünfköpfigen Formation um Barry Devlin, Charles O’Connor, Eamonn Carr und Jim Lockhart. In den folgenden knapp zehn Jahren kamen die Horslips vor allem in ihrem Heimatland, aber teilweise auch international zu Ruhm und Ehre. Sie gelten als die Pioniere des irischen Folkrock, und als ihren größten Verdienst bezeichnete Fean einmal, „den Iren selbst Irland nähergebracht zu haben, und was es bedeutet, irisch zu sein“. Die Gruppe scheute sich nicht, auch in die Provinz zu gehen, und führte auf diese Weise mit ihrem von keltischer Folklore und Mythologie inspirierten Rock die damalige irische Jugend an ihre eigene traditionelle Musik heran. Ohne die Horslips und Feans Beitrag an E-Gitarre, Gesang und Komposition wäre der irische Folkrock heute ein anderer. (Siehe auch den exklusiven Onlineartikel über die Band von 2010: http://archiv.folker.de/201002/09horslips.php.)
Nachdem sich die Horslips 1981 aufgelöst hatten, spielte Fean – teils mit Ex-Bandmitgliedern – unter anderem mit den Zen Alligators und The Host, bevor er für eine Zeit nach Großbritannien ging. In den Nullerjahren kam es zu einer kleinen Horslips-Reunion samt neuem Album mit akustischen Versionen alter Tracks sowie Auftritten unter anderem im Dubliner O2 und der Odyssey Arena in Belfast, denen weitere unregelmäßige Konzerte über die Jahre folgten (unter anderem 2014 beim Blacksheep Festival in Bonfeld bei Heilbronn). Zuletzt war er mit Steve Travers (ehemals Miami Showband) im Duo oder in der Johnny Fean Band als Trio unterwegs und spielte die vertraute Mischung aus klassischem Rock, traditionellem Blues und folkinspirierter Musik samt manchem Klassiker aus vergangenen Tagen.
Stefan Backes
Foto: Mike Mulcaire
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