Dem Tuaregmusiker Omara „Bombino“ Moctar aus Niger, der nicht nur aufgrund seiner Herkunft, sondern auch durch seine Tourneetätigkeit ein nomadisches Leben führt, ist während der Pandemie ein sehr persönliches und gleichzeitig politisches Album gelungen. Er thematisiert den bewaffneten Tuaregaufstand in den Neunzigerjahren, bei dem die Tuareg nach Hungersnöten und Flüchtlingskrisen Autonomie forderten. Zugleich singt er gegen das Vergessen, gegen Gewalt und vom Exil, das er als Zehnjähriger während der ersten großen Tuaregrebellion in Mali und Niger auf der Flucht mit seiner Familie nach Algerien erlebte. Der Gitarrenvirtuose umkreist die Frage, wo Heimat ist, wenn das traditionelle nomadische Leben nicht mehr möglich ist, und erzählt von der unerwiderten Liebe eines jungen, mittellosen Musikers. Bombino hat sein sechstes Album in Casablanca aufgenommen, unterstützt vom walisischen Produzenten David Wrench, der die wunderschönen Wüstenfolkballaden akustisch veredelt und verglichen mit früheren Produktionen dem Gitarrenklang diese ursprüngliche Rauheit genommen hat. Ein gleichzeitig reifes und modernes Album eines jung gebliebenen Musikers mit Weitblick und Einfühlungsvermögen.
Christoph Schumacher
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