Earth-Hour-Konzert

Musik für unseren Planeten Pauluskirche, Dortmund, 23.3.2024

15. April 2024

Lesezeit: 4 Minute(n)

Nicht nur die Redaktion des folker treibt das Thema Nachhaltigkeit in der Musikszene um (siehe Ausgabe #3.23), auch in Dortmund steht Umweltschutz unter Kulturschaffenden hoch im Kurs. Im Netzwerk Green Culture haben sie sich zusammengeschlossen und die ersten Aktionstage für eine nachhaltige Kultur ausgerufen. Höhepunkt der Veranstaltung: eine Podiumsdiskussion in der Pauluskirche am 23. März, umrahmt von Auftritten der Singer/Songwriter Hans Blücher und Nic Koray.
Text: Florian Stary

Umwelt- und Klimaschutz tangieren nicht mehr nur eine Handvoll Aktivisten, sondern sind als Thema mitten in der Gesellschaft angekommen. Dementsprechend aktiv wurden in jüngster Vergangenheit zahlreiche Kulturschaffende aus Dortmund und schlossen sich zum Netzwerk Green Culture zusammen. Ihr Ziel: Antworten auf die Frage finden, wie Kultur sich mit Nachhaltigkeit vereinen und Aufmerksamkeit für dieses Thema erzeugen lässt. Am besten auf die Art, die Künstlerinnen und Künstlern ganz besonders liegt.

Eine Woche lang – vom 18. bis 24. März – gab es daher in der ganzen Stadt Veranstaltungen. Gekrönt wurde das Event von einer Kombination aus Konzert und Podiumsdiskussion in der Pauluskirche pünktlich zur Earth Hour – jener Stunde also, in der an zahlreichen Gebäuden und im öffentlichen Raum weltweit die Lichter erlöschen. Dass Politikerinnen und Politiker der Stadt zum Gespräch geladen worden waren, ist an dieser Stelle eher Nebensache. Viel wichtiger ist, wer auf der Bühne stand: die Singer/Songwriter Hans Blücher und Nic Koray mit Band. Noch vor dem ersten Lied gab es eine kleine Überraschung: Der Dortmunder Liedermacher war nicht alleine gekommen. Neben ihm stand Hallo Johansson, an Saxofon und Steel Drums unterstützte Martin Buschmann vom MusikSyndikat Ruhr das Duo.

Ein paar Worte zur Begrüßung, und dann ging es direkt los mit der ersten Nummer: „Music for Future“. Die Message war klar und passte zum Rahmen: Wenn jeder nur ein bisschen tut, erreichen wir gemeinsam unglaublich viel. Mit den ersten Tönen zeigte auch die Pauluskirche selbst, was sie kann. Grandiose Akustik, kein unangenehmer Widerhall. Der Gesang trug weit, Gitarren und Saxofon klangen klar durch das hohe Kirchenschiff. So lässt Musik sich genießen.

Es folgte „Earth Hour“ – noch etwas roh, denn der Song ist momentan im Entstehen begriffen. Aber wenn er zu dem Anlass nicht gespielt wird, wann dann? Anschließend reichte Blücher das Mikrofon an Johansson weiter – Zeit für eine exklusive Premiere. Denn der Singer/Songwriter hatte seine neue EP in den Startlöchern und präsentierte dem Dortmunder Publikum einen kleinen Vorgeschmack. „Wunderschön“ machte auf jeden Fall Lust auf mehr. Der nächste Blücher-Titel war ein kleiner Seitenhieb auf die Großen der Stadt. „Kopenhagen“ erzählt von einem Telefongespräch. Der eine steht hupend im Dortmunder Stau, der andere in der Ruhe der Fahrradpromenade in Kopenhagen. Wer jetzt noch weiß, dass ein ehemaliger Oberbürgermeister einst ankündigte, aus Dortmund das Kopenhagen Westfalens machen zu wollen, erkennt die Spitze.

Pfarrer Friedrich Laker und Hans Blücher

Foto: Kurt Rade

 

Letzter Song: noch einmal „Earth Hour“. Diesmal unplugged und unter Einbezug des Publikums. Als die Anwesenden den Refrain anstimmen, klingt es – Paulus sei Dank – wie ein gewaltiger Chor.

Verbeugung, Applaus, das war es von Blücher, Johansson und Buschmann. Nur fünf Stücke? Tatsächlich, denn die nächste Stunde sollte der Podiumsdiskussion gehören.

Die allerdings wurde nicht so diskutabel wie erhofft. Zwar waren Politikerinnen und Politiker aller Parteien der Stadt zum Gespräch geladen worden, es erschienen aber nur je eine Vertreterin von den Grünen und der Linken+. Aber es war ja Wochenende … Außerdem braucht es Mut, sich den kontroversen Fragen von Pfarrer Friedrich Laker zu stellen. Chapeau also für die beiden Politikerinnen, die mit ihren Antworten zeigten, dass zumindest ein paar „von denen da oben“ sich wirklich Gedanken zum Klimaschutz machen. Ihr abschließender Ratschlag lautete: „Seid nicht leise. In den Rathäusern kommt oft ein verzerrtes Bild der öffentlichen Meinung an, weil in den sozialen Medien einige wenige besonders laut schreien.“

Und dann wurde es dunkel. Natürlich, weil die Sonne verschwand. Aber auch, weil nach und nach alle Lichter erloschen und die Earth Hour begann. Auftritt Nic Koray & Band.

Nic Koray und Band

Foto: Lynn Kinzel

 

In der Kirche herrschte inzwischen eine völlig andere Atmosphäre. Hatte zuvor noch die Lichtanlage in sanften Farben gestrahlt, wurde es nun schummrig. Dutzende Kerzen ließen die Schatten tanzen, nur vorne auf der Bühne blieb ein wenig Licht.

Leise begann Nic Koray ihr Konzert. Ganz alleine stand sie auf der Bühne, nur die Gitarre in der Hand. „Dandelion“ hieß das erste Stück und erinnerte an Momente, die inzwischen viel zu selten geworden sind. An Lagerfeuer und vergessene Freunde.

Zur zweiten Nummer betrat der Rest der Band die Bühne. Mirko Adden am Piano, Dirk Hengesbach zunächst an der Akustikgitarre, David Senf am Bass und Joel Dahlhoff an den Drums. Auf Ruhe folgte Dynamik. „The Shepardess“ war Indiefolk, zu dem man problemlos hätte tanzen können, wäre es zwischen den Bänken nicht so eng gewesen. Dann stöpselte Hengesbach die E-Gitarre ein, denn das nächste Lied wurde rockig. „Traveller“ erzählte von einer Reise nicht durch Länder, sondern durchs Leben. Weiter ging es mit „Angry Sky“, die Musik dazu fast sphärisch, ganz anders als die der Stücke davor. Wahnsinn, welche Vielfalt die Band aus ihren Instrumenten herausholte. Das zeigte auch die nächste Nummer, denn „High Spirits“ klang wie ein stürmischer Morgen am Meer. Wellen und Wind zwischen alten Kirchenmauern.

Martin Buschmann

Foto: Kurt Rade

 

Es folgten „Keep The Distance“ und „Father I Wonder“. Bei „Far Too Loud“ wurde es passend zum Titel noch einmal etwas stiller – das Lied wurde einzig von Korays Stimme und Addens gefühlvollem Pianospiel getragen. Danach wurde mit den Augen gezwinkert. „What Will I Be?“ – ein ganz neuer Song – stellte sich der großen Frage, was mit uns geschieht, wenn der letzte Vorhang fällt. Die Antwort: ein lächelndes Achselzucken.

Den Ausklang bildeten „The Gardener“ und „Welcome To The Fearful“ mit besonders langem Instrumentalteil, um das Publikum sanft nach Hause zu begleiten. Augen schließen, wegträumen, treiben lassen. War jetzt wirklich Schluss? Natürlich nicht. Zur Zugabe gab es mit „2024“ ein weiteres neues Stück. Als das Licht wieder anging, war es fast schon zu hell. Auf der Bühne packten Koray und ihre Musiker zusammen. Auch Hans Blücher war noch da. Wer mochte, kam mit Künstlerin und Künstlern ins Gespräch. Danach warteten draußen die Nacht und ein kräftiger Regenguss. Bis zum nächsten Konzert in der Pauluskirche oder irgendwo anders mit Hans Blücher oder Nic Koray und Band.

www.hansbluecher.de

www.nickoray.de

Video:

Hans Blücher feat. Boomcoustix, „Music for Future“ (offizielles Video): www.youtube.com/watch?v=tAmiNMMttOA

Hans Blücher, Martin Buschmann und Hallo Johansson

Foto: Kurt Rade

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