Das nur 89 Seiten dünne Buch wurde von der aus Kalifornien stammenden Anthropologin und Musikwissenschaftlerin Rose Campion zusammen mit der kurdischen Sängerin Sheyda Ghavami verfasst. Im Vorwort beschreiben die beiden heute im Rheinland lebenden Frauen, wie ihre Freundschaft in ihre gemeinsame Forschungsarbeit mündete. Dennoch ist „Ein Song- und Storybook“, wie der Untertitel des Buchs lautet, kein wissenschaftliches Werk im engeren Sinn. Auf Fußnoten und Quellenangaben wurde darin verzichtet. Der erste Schwerpunkt des Buches behandelt die Hintergründe kurdischer Kultur und Musik geschichtlich und im Zusammenhang mit den politischen Verhältnissen in den historischen Siedlungsgebieten der Kurdinnen und Kurden, die in Armenien, der Türkei, Iran, Syrien und dem Irak liegen. Ein weiterer Text fasst Interviews zusammen, die die Autorinnen mit den im Buch vorgestellten neun Musikerinnen führten – darunter die bekannte, aus dem türkischen Teil Kurdistans stammende Sängerin Şehrîbana Kurdî. Beschrieben wird, wie die Frauen zur Musik kamen und welche Hindernisse sie dabei zu überwinden hatten. In diesem Kapitel werden auch die unterschiedlichen Gründe erkennbar, wegen denen die Sängerinnen ihrer ursprünglichen Heimat den Rücken kehrten und sich in Deutschland niederließen. Besonders umfangreich ist der Teil des Buches, in dem die Co-Autorin ihre Lebens- und Fluchtgeschichte erzählt. Die steht prototypisch für viele Migrantinnenschicksale, auch und besonders für die von Künstlerinnen aus Iran (dort ist Sheyda Ghavami aufgewachsen), die sich über ihre Kunst hinaus politisch engagieren.
Das Buch wäre kein „Songbook“, wenn nicht auch Lieder darin enthalten wären. Je eines wurde von den zehn am Projekt beteiligten Sängerinnen ausgewählt. Alle Stücke sind in Notenschrift abgedruckt und mit einer kurzen Zusammenfassung des Textes in deutscher Sprache versehen. In zwölf über das Buch verteilten Infoboxen werden zudem musikalische Fachbegriffe und besondere politische Sachverhalte erklärt. Das vom Landesmusikrat NRW zusammen mit dem Institut für Europäische Musikethnologie an der Universität zu Köln herausgegebene Büchlein vermittelt anschaulich und gut verständlich, was kurdische Musik in ihren Herkunftsländern und in der Diaspora ausmacht. Der Fokus auf deren weibliche Vertreterinnen macht deutlich, welch wichtige Rolle Frauen darin nicht nur als Sängerinnen, sondern auch als Musikvermittlerinnen spielen. Ein besonderer Mehrwert wäre es, wenn dem Buch bei zukünftigen Auflagen eine Audio-CD mit den vorgestellten Liedern beigefügt wäre.
Bernd G. Schmitz
Rose Campion / Sheyda Ghavami
Kurdische Musikerinnen in Deutschland : e. Song- u. Storybook / e. Projekt d. Landesmusikrats NRW & d. Instituts f. Europ. Musikethnologie, Univ. zu Köln. – Köln: Inst. f. Europ. Musikethnologie, 2024. – 89 S. : mit Noten, Liedtexten u. Fotos
Bezug: Institut für Europäische Musikethnologie, Universität Köln, www.musikwelten-nrw.de/kmid
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