Dieter Süverkrüp, einer der Gründervater der Liedermacherbewegung, ist am 16. März 2025 neunzigjährig in Köln gestorben. Süverkrüp, der als Kind noch den Krieg erlebt hat, engagierte sich früh in der Ostermarschbewegung, gegen den Vietnamkrieg und später für längere Zeit in der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP).
Von Beruf eigentlich Werbegrafiker, wurde er 1957 für sein virtuoses Gitarrenspiel ausgezeichnet. Gerd Semmer regte ihn dazu an, dessen Übertragungen von Liedern der Französischen Revolution für eine Aufnahme zu singen. 1961 war Süverkrüp Mitbegründer des Pläne-Verlags, der sich zu einem führenden Label für linke Liedermacher entwickelte. Im Pläne-Verlag erschienen auch seine eigenen Lieder. Auf den Burg-Waldeck-Festivals war er ab 1964 vertreten, bei den Essener Songtagen 1968 – Veranstaltungen, die für das politische Lied damals von großer Bedeutung waren.
Er fiel auf mit seinen Liedern, weil Satire, Ironie und Wortwitz in der Linken und bei seinen Zunftkollegen nicht sehr ausgeprägt waren. Auch sein exzellentes, musikalisches Gitarrenspiel war außergewöhnlich. Seine bissige Kritik an Politik und Alltag in der Bundesrepublik war dabei nicht immer frei von ideologischer Verengung. Große Popularität erlangten seine Kinderlieder, den „Baggerführer Willibald“ konnten viele Kinder und ihre Eltern mitsingen.
Ab den Achtzigerjahren wurde es ruhiger um ihn, er malte und radierte fantasievoll und surrealistisch. Wer seine Lieder oder seine Bilder kennt, wird sich seiner mit einem wehmütigen Schmunzeln erinnern.
Rainer Katlewski
Foto: Pläne Verlag, Wikimedia CC BY-SA 2.0 DE
Ja Dieter Süverkrüp ist gestorben!
Er erklärte seinem Kind den Kapitalismus: Baggerführer Willibald, er führte uns unerschrocken ins Franco-Regime: Der Touristen-Flamenco oder er zog dem Kommunisten die Unterwanderstiefel an: Erschröckliche Moritat vom Kryptokommunisten. Mit seinem Sprachwitz, seinem virtuosem Gitarrenspiel und dem Glauben an eine Gesellschaft von freien, wachen und antikapitalistischen Menschen wurde Süverkrüp in den 1960er Jahren zu einem der Gründerväter der Liedermacherbewegung. Burg Waldeck oder die legendären Essener Songtage waren seine Bühne.
Eigentlich verwunderlich. Denn Dieter Süverkrüp war scheu und bescheiden. Die Scheinwerfer ihm ein Graus. Und so sehr er für seinen musikalischen Ausdruck und sein Gitarrenspiel bewundert wurde – bereits 1957 als bester Jazzgitarrist Deutschlands gekürt – was Süverkrüp mit dem Pinsel auf die Leinwand brachte, zeigt seine weiteren außerordentlichen Talente: die Fantasie und das Malen
Die Bildende Kunst hat ihn sein Leben lang begleitet. Süverkrüp, selbst Sohn eines Malers, nahm schon als junger Gymnasiast akademischen Zeichenunterricht, studierte in den frühen 1950er Jahren an der Werkkunstschule Düsseldorf, und verdiente dann lange Zeit sein Geld als Artdirektor in der Werbung. Als Multitalent und politischem Kopf konnte ihm das nicht genügen. Er spielte Jazzgitarre bei den Feetwarmers, er lernte den streitbaren Dichter Gerd Semmer kennen, und 1969 entstand seine erste Schallplatte Ça iramit Liedern der Französischen Revolution, die Semmer übersetzt hatte. Bald folgten eigene politische Lieder. „Ich bin Jahrgang ’34 und war so elf Jahre, als der Krieg zu Ende war. Ich habe eine ganze Menge vom Krieg mitgemacht und wußte ganz genau, Krieg und Militär und so etwas will ich auf gar keinen Fall“.
Aus Süverkrüp war unversehens einer der wichtigsten politischen Liedermacher Deutschlands geworden – sozialistisch in der Haltung, kunstvoll in den Reimen, süverkryptisch in seinen Wortspielen: vom Korrumpelstilzchen über dem Omniboss zu den Unterwanderstiefeln. Das bewahrte ihn vor der Propaganda.
Als „Quartett 67“ ging Süverkrüp mit Franz Josef Degenhardt, Hanns Dieter Hüsch und Wolfgang Neuss auf gemeinsame Tournee, er arbeitete mit der Rockgruppe Floh de Cologne zusammen, hatte zeitweilig eine eigene Fernsehsendung, schrieb Lieder für andere TV-Formate und für Kollegen wie das Duo „Zupfgeigenhansel“.
1976 erhielt er den Heinrich-Heine-Preis der DDR, 1986 den Deutschen Kleinkunstpreis und 1995 den Preis der deutschen Schallplattenkritik.
Zu Süverkrüps 80. Geburtstag schreibt fiftyfifty: „In den 80ern begann er die Fesseln zu spüren, die, neben allen Erfolgen, sein Einsatz mit sich gebracht hatte. Er konnte und wollte nun immer weniger Sprachrohr vom Dienst sein. Seinen listigen, anspielungsreichen Texten schien auch ein wenig das Publikum abhanden zu kommen. Ebenso wie dem realen Sozialismus die Glaubwürdigkeit.“
Süverkrüp sortierte sich neu. Er wandte sich wieder intensiver der bildenden Kunst zu, gab dem freien Malen, Zeichnen und Radieren zunehmend Raum – neben Verpflichtungen wie einem Poetik-Lehrauftrag an der Folkwang Hochschule, der Erfindung von Bild-und-Lied-Geschichten für die „Sendung mit der Maus“ oder der Mitwirkung an literarischen Bühnenlesungen. Um den Kunstmarkt ging es ihm bei seiner künstlerischen Rückbesinnung nicht – eher ungern verkaufte er das eine oder andere Werk –, sondern um das zwanglose Erproben der eigenen Möglichkeiten. Immer im Dialog mit der Kunstgeschichte, in der er sich bestens auskannte. Zwei originelle Ausstellungen im Heinrich-Heine-Institut Düsseldorf, „Kreuzwortbilder“ (2004) und „Süverkrüps Fälscherwerkstatt“ (2016), legten davon Zeugnis ab. Einen Rückblick auf „Süverkrüps Liederjahre“ hatte der Künstler bereits 2002 in einem Buch gleichen Titels gegeben, gleichzeitig erschien eine 4-CD-Box mit einem Großteil seiner Lieder (Conträr Musik).“
Anlässlich seines 90. Geburtstags im Mai 2024 widmete ihm der WDR eine ausführliche Sendung. Süverkrüps Werk bleibt ein bedeutendes Zeugnis für die kulturelle und politische Landschaft Deutschlands in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts.
Dieter Süverkrüp hinterlässt seine Frau Ingrid, einen Sohn (den Pianisten Ben Süverkrüp), eine Schwiegertochter (die Kabarettistin Tina Teubner) und zwei Enkelinnen.
– Website Dieter Süverkrüp
https://www.sueverkruep-malerei.de/index.htm
Kontakt: Ben Süverkrüp – c/o Kulturbüro blau, Merheimer Straße 145, 50733 Köln, sueverkruep@tinateubner.de