Tradition. Innovation. Dauerton.

Der faszinierende Klang der Bordunmusik

2. September 2025

Lesezeit: 5 Minute(n)

Audio mp3: »Tradition. Innovation. Dauerton.«, 7:03 min

Gelesen mit der Stimme von Stephan Möbius. Die Stimme dieser Lesung wurde freundlicherweise zur Verfügung gestellt und darf ohne ausdrückliche Genehmigung nicht weiterverwendet werden.

Es hat sich eine Menge getan in der Bordunszene, seit der Genfer Musiker René Zosso sich in den Sechzigern und Siebzigern mit den klanglichen Möglichkeiten der Drehleier auseinanderzusetzen begann und dieses Instrument einer breiteren Öffentlichkeit bekannt machte. Musikschaffende wie Gilles Chabenat oder Valentin Clastrier und andere bereiteten das Feld und weckten die Leier aus ihrem Dornröschenschlaf in französischen Traditions- und Folklorevereinen, während Instrumentenbauer wie Kurt Reichmann aus Frankfurt oder Jean-Claude Boudet aus dem französischen Jenzat die alten Bautechniken studierten und weiterentwickelten – meist in enger Zusammenarbeit mit Musikerinnen und Musikern, die ihre Anforderungen an moderne Instrumente formulierten.
Text: Redaktion; Aufmacherfoto: Drehleier von Francesco Giusta (Foto: Bettina Zajonc, Farbhase Fotografie, www.farbhase.de)

Der Schweriner Volkskundler und Musiker Ralf Gehler zeigt in seiner Kolumne die Entwicklung der Bordunmusik historisch und im Revival auf und weist auf interessante aktuelle Tendenzen hin. Etwa die, dass die Nyckelharpa immer beliebter wird. Der Frage, ob diese überhaupt ein Borduninstrument ist, geht Gastautor und Nyckelharpaspieler Björn Kaidel nach.

Die Drehleier, auch der Dudelsack in seinen verschiedensten Ausprägungen und die schwedische Nyckelharpa erlebten in Europa eine rasante Renaissance und sind heute nicht nur im Folk, sondern auch in Rock, Pagan Folk, Jazz oder gar Pop zu finden, wie Martin Wimmer am Beispiel der deutschen Drehleierspielerin Patty Gurdy zeigt – im Porträt wie im Interview. Die Sängerin, Songwriterin und Influencerin hat über fünfzig Millionen Plays auf Spotify sowie je fast fünfhunderttausend Follower auf Youtube und Instagram. Auch wenn sie polarisieren mag, kann man da durchaus von Einfluss reden.

Teilnehmende an den Hummelkursen auf der Ebernburg in Bad Münster am Stein

Foto: Bordun e. V.

An solcherlei Erfolge war 1983 nicht zu denken. Als der Kölner Lehrer, Musiker und Drehleierbauer Volker Heidemann in Bad Honnef den ersten Osterworkshop veranstaltete, wusste er vermutlich nicht, dass er damit eine Keimzelle setzte. Er führte die Wochenkurse für Drehleier, Dudelsack und Volkstanz mit wachsendem Erfolg bis zum Jahr 2000 fort, ab 1989 im Eifelstädtchen Blankenheim. Als Heidemann in Pension ging, gründete sich aus den Blankenheimkursen der Bordun e. V., der die Veranstaltungen fortführte und weiterentwickelte. Zum 25-jährigen Jubiläum widmet der folker dem Verein und seiner wichtigen Förderarbeit ein Porträt.

Historische Entwicklungen und aktuelle Trends in der Drehleier-, Dudelsack- und Nyckelharpaszene zeigen wir in jeweils ausführlichen Übersichtsartikeln. Für die Entwicklung der Bordunszene nicht ganz unwichtig sind aber auch Notenmaterial, Spielhefte und Lehrbücher, die seit dem Beginn des Revivals der Verlag der Spielleute herausbringt. Wir stellen den neuen Verlagschef und Musiker Jonas Böttcher vor und seine zukunftssichernden Pläne in einem zunehmend digitalisierten Umfeld.

Der Wittenberger Dudelsackbauer Matthias Branschke gilt als Neuerer auf dem Instrument und hat sowohl die Möglichkeiten der Schäferpfeife durch technische Verbesserungen erweitert als auch mit brillanter Spieltechnik internationale Aufmerksamkeit erlangt. Genreübergreifend zwischen traditioneller deutscher Tanzmusik und Klezmerklängen arbeitet das Trio Silja mit der Dudelsackspielerin Kristina Künzel, dem Geiger Mark Kovnatskiy sowie dem Gitarren- und Cistervirtuosen Ben Aschenbach. Und dass auch im Nachbarland Belgien exquisit sackgepfiffen wird, zeigt das Griff Trio, das seit mehr als zwanzig Jahren ganz neue Standards in der Bordunszene setzt.

Pipenbockorchester

Buch-, Noten- und Albumrezensionen ergänzen das Ganze, und wer Appetit bekommen hat, selbst zu Sackpfeife, Radleier oder Schlüsselfiedel zu greifen oder Bordunmusik live zu erleben, findet exklusiv hier auf folker.world sowohl eine Übersicht mit Instrumentenbauadressen  sowie eine zu Kursen und Festivals zusammengestellt von den Gastredakteuren dieser Ausgabe, Jonas Böttcher und René Meeuws.

Diese Ausgabe hätte nicht entstehen können ohne den unermüdlichen Einsatz unseres langjährigen folker-Redakteurs Ulrich Joosten, selbst Drehleierspieler bei Gambrinus und aufmerksamer Beobachter der internationalen Bordunszene. Ihm zur Seite standen aber auch zwei Gastredakteure, die jeder auf seine Weise zu Aussehen und Inhalt dieser Seiten beigetragen haben und die wir hier kurz vorstellen möchten.

Jonas Böttcher

Foto: privat

Jonas Böttcher

Der Verleger, Musiker und Supporter traditioneller europäischer Musik übernahm 2022 den Verlag der Spielleute, der seit Ende der Achtzigerjahre eine zentrale Rolle in der Bordunszene spielt. Mit viel Herzblut bringt er seither neue Lehrbücher, Neuauflagen und multimediale Inhalte heraus – immer mit dem Ziel, traditionelle Musik lebendig, zugänglich und relevant für eine junge Generation zu machen. Ursprünglich aus der IT kommend, fand Jonas Böttcher über den Mittelalterdudelsack zur Folkmusik. Heute spielt und tanzt er auf Festivals in ganz Europa, pflegt engen Kontakt zu Aktiven im Instrumentenbau, Dozierenden und Veranstaltenden – und hat dabei stets das Ohr am Puls der Szene.

www.spielleute.de

René Meeuws

Der Musiker – unter anderem an der Drehleier – und Musiklehrer spielte über dreißig Jahre lang mit der Band Luiaerdsgild in den Niederlanden, Deutschland, Belgien, Dänemark und Ungarn, unter anderem bei rund 1.500 Schulaufführungen. Mit dem Trio Appellation Contrôlée war er außerdem in verschiedenen westeuropäischen Ländern unterwegs. Darüber hinaus arbeitet er mit dem Barockduo Babioles und dem B4-Quartett. René Meeuws wirkte als Musiker und/oder Produzent an Dutzenden von Aufnahmen für die genannten Gruppen sowie an verschiedenen gelegentlichen Projekten mit. Er trat zudem als Gastmusiker in Erscheinung, unter anderem beim Amsterdam Baroque Orchestra, dem Mozarteumorchester Salzburg, dem WDR-Sinfonieorchester Köln und der Rockband Golden Earring. Meeuws gab Dutzende von Drehleierworkshops im In- und Ausland.

www.facebook.com/rene.meeuws.1

René Meeuws

Foto: Ton Gelsing

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Aufmacher:
Drehleier von Francesco Giusta

Foto: Bettina Zajonc, Farbhase Fotografie, www.farbhase.de

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