1987 suchten Allgemeine Zeitung und Rheinhessenwein das ultimative Weinlied. Das war die Initialzündung für den gelernten Dekorateur Martin Kijaszek zur Wandlung vom anfänglichen Rock ’n’ Roller zum letztlichen Mundartsänger mit eigenen Texten – Musik machte er da bereits seit 25 Jahren. Nach einem Dutzend Beat-, Rock- und Blueskapellen hatte sich 1973 zunächst der Liedermacher zu Wort gemeldet und das Gehirn mit Wondratschek-Vertonungen gemartert, mit denen er ganze Studierendenjahrgänge depressiv gesungen hatte. Anschließend hatte er das Kabarett Hofnarren gegründet, mit dem er im Mainzer Unterhaus aufgetreten war.
Die Liebe zur Kleinkunst ließ ihn nicht los. Als Mitbegründer des Senders Freies Stadecken (SFS) und Organisator des alternativen Schlager Grand Prix war Billy Crash in seiner Heimatgemeinde Stadecken-Elsheim aktiv. In seiner Glanzzeit entstanden Mundartrock-Theaterstücke wie Vollmondaache (1998/99), Quetschkommod (2001) oder Wäschbrigg (2007) mit bis zu zwanzig Mitwirkenden. Doch Crash liebte den Draht zum Publikum wie mit seiner Skiffleformation Freaker’s Ball oder der formidablen Billy Crash Band. Ausgangspunkt war die Musik der Fünfziger aus Rock ’n’ Roll, Folk, Country und Doo Wop gewürzt mit Rock und Blues.
„De Rhoi, die Örtcher un die Leit“ waren bei ihm allgegenwärtig. Das Mississippi-Delta verlegte der Swamp-Rocker an Nahe und Rhein. Der Catfish mutierte zum Hornochsen, und statt Alligatoren gab es ein verirrtes Krokodil in der Selz. Liebevoll porträtierte er Land und Leute – wie aussterbende Bauern, windige Winzer oder das unberechenbare schwache Geschlecht. „Bluesworscht un Cola-Schobbe“ waren ebenso dabei wie „Palzwoi“ und andere Hochprozenter. Als Schwerenöter empfahl sich der liebende Ehegatte den Dorfschönheiten und mahnte schon mal eine Frischzellenkur an. Die hatte „soi Rassekatz Lisbeth“ schon hinter sich. In der „bombisch“ Liebesnacht explodierten ihre aufgespritzten Lippen und zerfetzten sein Kinn. Seitdem musste er wie ZZ Top Bart tragen.
In der aktuellen Ausgabe #3.23 des folker mit dem Schwerpunkt „Mund. Art. Musik.“ wird er noch im Beitrag über Dialektmusik aus Rheinhessen vorgestellt, nun ist der „eebsche Wingertsknorze“ und rheinhessische Rootsrocker mit 76 Jahren gestorben.
Fred Balz
Foto: Mainz Daily Photo, John Burland
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